ERINNERUNGEN AUS MEINEM LEBEN - Janisch Andreas,
Haydngasse 21, 7162 Tadten
Andreas Janisch hat diese Texte niedergeschrieben und
OSR Franz Kurcsis zur Verfügung gestellt.
Er erzählt:
(C) 2017 Konrad Unger, 7151 Wallern
Haydngasse 21, 7162 Tadten
Andreas Janisch hat diese Texte niedergeschrieben und
OSR Franz Kurcsis zur Verfügung gestellt.
Er erzählt:
(C) 2017 Konrad Unger, 7151 Wallern
MEIN LEBENSLAUF
Geboren wurde ich am 28. September 1906 als Sohn einer 10-köpfigen Arbeiterfamilie. Mein Vater, geb. 1869, stammte aus St. Andrä und heiratete meine Mutter, Mädchenname Sack, geb. 1871 aus Tadten. Sie lebten bei meiner Großmutter im Haus Nr. 6, jetzt Obere Hauptstraße 42. Meine Großmutter führte einen Prozess, den verlor sie. Daher musste sie das Haus verkaufen. Es war aber beim Verkauf noch so viel übriggeblieben, dass sie sich dort, wo jetzt der Freudenberger Schmied ist, jetzt Andauerstraße 2, ein Haus bauen konnte (Haus Nr. 25) mit einem Zimmer, einer Küche und einem Stall. Die Küche wurde geteilt, ein Teil als Rauchküche gemacht. Da wurde ein Sockel gemauert, auf diesen Sockel wurde ein Eisengestell montiert (Dreifuß) genannt. Unter diesem Dreifuß wurde das Holz eingeschoben und so wurde geheizt.
Mein Vater war Landarbeiter. In Deutschland wurden damals Landarbeiter gesucht. Mein Vater zog 1905 mit der ganzen Familie als Gastarbeiter dorthin. Er blieb dort nur drei Jahre, weil meine Mutter Heimweh bekam. Dann ging er wieder zurück in die alte Heimat. Meine Großmutter starb bald darauf und meine Eltern bekamen das Haus.
Ich hatte sieben Geschwister:
- Paul, geb. 1894, lernte das Schmiedehandwerk beim Schmiedemeister Unger. Als er die Gesellenprüfung gemacht
hatte, ging er in mehrere Orte lernen und machte die Meisterprüfung. Es kam der Erste Weltkrieg, er musste
einrücken. Nach dem Krieg bekam er einen Posten am Edmundshof als Schmiedemeister.
- Johann, geb. 1896, war immer Knecht in der Landwirtschaft bis er einrücken musste.
- Anna, geb. 1900, war Dienstmädchen bis sie heiratete.
- Maria, geb. 1902, ging nach Amerika.
- Theresia, geb. 1904, auch sie war in Dienst bei einem Bauern.
- Michael geb. 1909, er zog in die Fremde und landete in Salzburg, er lebt heute dort.
- Elisabeth, geb. 1914, ging in die Fremde nach Bruck/Leitha und blieb.
Als ich 10 Jahre alt war und die Schulferien begannen musste ich zu einem Bauern in den Dienst. Das war notwendig, da durch den ersten Weltkrieg keine Arbeitskräfte da waren. Von September 1916 bis April 1918 war ich als Postträger beschäftigt, nur in den beiden Monaten der Schulferien hat meine Schwester die Briefe ausgetragen.
Die Schule war damals nur 6 Jahre, also bis zu meinem 12. Lebensjahr. Wir lernten nur Ungarisch.
Von da an war es mit meiner Kindheit vorbei. Ich musste schon in den Stand der Erwachsenen treten und wurde schon ganzjährig verdungen. Das war mein schwerstes Jahr meines Lebens. Bei diesem Bauern war ich ein Jahr, dann kam ich zu einem anderen Bauern. Für mich war das so als wäre ich von der Hölle in den Himmel gekommen. Bei diesem Bauern war ich 3 Jahre lang, dann musste ich zum Maierhof als Saisonarbeiter gehen.
Im Jahr 1923 kam es dort zu einem Streik, weil die Gutsverwaltung 60 slowakische Arbeiter aufgenommen hatte um uns Arbeiter unter Druck zu setzen. Da kam es zu einem Streit mit der Polizei und diese wurde entwaffnet. Darauf kamen andere Polizisten und verhafteten 21 Arbeiter, auch meine Wenigkeit.
Nun ging es nach Wien in das Landesgericht, dort waren wir 21 Tage in Untersuchungshaft. Die Verhandlung dauerte 2 Tage. Der Staatsanwalt forderte 1 bis 4 Jahre Haft, doch unser Anwalt verhandelte so lange bis wir frei waren.
Am 16. August 1941 musste ich in den zweiten Weltkrieg einrücken. Ich kam zur Marine Abteilung 807 nach Frankreich an die Küste Lorient. Im Jahre 1944 wurden wir 9 Monate eingeschlossen und dann in Gefangenschaft bis 1946 gebracht. Am 20. März 1946 kam ich nach Hause.
MEINE SCHULZEIT
An meinen ersten Schultag kann ich mich noch gut erinnern. Als mich meine Mutter in die Schule hinführte, wollte der Lehrer mich nicht nehmen, weil ich noch keine 6 Jahre alt war. Aber meine Mutter sprach solange mit dem Lehrer, bis er mich nahm. In der Schule lernten wir nur ungarisch. Das erste, was wir lernten, war das Beten. Wenn der Lehrer in die Schule kam, mussten wir alle aufstehen und ungarisch das Vaterunser beten, aber wir konnten kein Wort ungarisch sprechen.
Das ging so vor sich: Die erste und die zweite Klasse waren beisammen. Die zweite Klasse konnte schon das Vaterunser beten und wir summten mit und so lernten wir ihn auch.
Im ersten Jahr hatten wir nur eine Schiefertafel, die sich in einem Holzrahmen befand, und einen Griffel. In diesem Rahmen war ein Loch. In dieses Loch konnten wir eine Schnur ziehen und einen Schwamm anbinden. Mit diesem Schwamm konnten wir alles auslöschen, was wir geschrieben hatten.
Erst im zweiten Jahr bekamen wir ein Heft und einen Bleistift. Die Unterrichtszeit war von 8 - 11 Uhr und am Nachmittag von 13 - 15 Uhr. Um 10 Uhr war eine kleine Pause. In der Schule gab es nur einen Raum. Mit dem Gewand, mit dem wir hinkamen, mussten wir auch sitzen. Da gab’s kein Umziehen, weil wir so viele Kleider gar nicht hatten.
Das Lesebuch hatten wir natürlich auch in ungarischer Sprache, in dem über viele Könige, Dichter und Künstler geschrieben wurde. An meisten las man über Attila, Hunyadi Jänos, Räköczi Ferenc, Kärolyi Sandor, den ungarischen König Mätyäs und den Dichter der ungarischen Hymne.
Was wir von diesen Leuten gelesen haben, wissen wir nicht, weil wir den Inhalt nicht verstanden haben. Von dem König Mätyäs habe ich mir etwas gemerkt, weil uns der Lehrer folgende Geschichte deutsch erzählt hat.
König Matthias ritt einmal zu einer Stadt. Am Stadtrand ließ er seine Zelte aufschlagen. Er zog sich als Arbeiter an und ging so in die Stadt hinein. So sah er sich die Stadt an, um zu sehen, ob die Gerüchte, die über die Stadtverwaltung erzählt wurden, auch stimmten.
Da sah er, was sich vor dem Rathaus abspielte. Davor lag eine Menge Holz. Alle Arbeiter, die vorbeigingen, wurden sofort angestellt. Sie mussten das Holz in den Keller tragen. Wer sich weigerte, bekam gleich mit der Reitpeitsche Hiebe. Der Aufseher, der den König in seiner Verkleidung nicht erkannte, sagte zu ihm: "Was stehst du da und schaust zu, nimm sofort Holz und trag es in den Keller hinunter!" Da fragte der König: "Was bezahlst du für die Arbeit?" Sofort bekam er 2 Hiebe mit der Peitsche. "So, da hast du deinen Lohn", sagte der Aufseher, "und greif schnell zu, sonst bekommst du noch mehr!" Der König trug Holz in den Keller. Auf 3 Scheitel schrieb er im Keller, ohne dass es jemand bemerkte, seinen Namen.
Am nächsten Tag ging er als König in die Stadt. Er kam auch in das Rathaus. Dort wurde er feierlich empfangen. Er fragte auch um die Arbeiter: "Ich habe gehört, dass die Leute nichts bezahlt bekommen", meinte er, "sondern dass sie statt der Bezahlung sogar Schläge bekommen hätten." Der Aufseher leugnete dies. "Ich habe auch 2 Hiebe bekommen", sagte er zum Aufseher. "Jetzt geh' in den Keller, du wirst dort drei Holzscheitel finden, auf denen mein Name steht. Die bringst du herauf, damit alle sehen, dass dies die Wahrheit ist!" Der Aufseher wurde gleich auf der Stelle verurteilt.
Auch wir Kinder haben in der Schule ungerecht sehr viele Hiebe bekommen. Schläge haben wir bekommen, ob wir etwas angestellt hatten oder nicht. Einmal haben wir uns sogar abgesprochen, wozu sollen wir lernen? Schläge bekommen wir sowieso. Oft hat einer Prügel bekommen und hat gar nicht gewusst warum. Mancher Lehrer hat gleich mit allem geworfen, was er erwischte. Der Pfarrer war mit den Schlägen noch härter bei den Buben. Die Mädchen hat er bei den Haaren ober der Stirn genommen und hat so lange hin und hergezogen bis die Tränen nur so die Wangen hinuntergeronnen sind.
MEIN KLEINES PARADIES
Es war ein schöner Sommertag im Monat Juni des Jahres 1914. Ich war damals 8 Jahre alt. Unser Schulmeister feierte sein 25-jähriges Lehrerjubiläum. Unser Lehrer führte uns von der Schule hinaus auf eine Wiese, die ich das erste Mal sah. Als wir dort ankamen, waren schon viele Menschen beisammen.
Dann hat einer gesprochen, den ich aber nicht verstanden habe. Als er fertig war, kamen große Kinder und sangen einige Lieder. So hat die Feier begonnen.
Als ich mich so umschaute sah ich einen Kessel, in dem Würste! gedämpft wurden. Eine Schnur wurde von einem Baum zum anderen gespannt. Darauf wurden die Würste! gehängt. Nun wurden wir Kinder gerufen. Wir mussten so hochspringen, dass wir mit dem Mund die Würste! erreichen konnten. So kamen alle Kinder zum Hochspringen dran. Als wir damit fertig waren hatten wir freien Lauf auf der Wiese.
Erst da habe ich bemerkt, auf welchem Flecken Erde ich mich befand, da habe ich erst gesehen, was es alles gibt. Am unteren Ende der Wiese war ein schöner kleiner Teich, er war nicht groß, aber für uns Kinder der liebste Spielplatz.
Die ganze Feier dauerte ungefähr zwei Stunden. Dann war alles aus und wir gingen nach Hause.
Aber ich habe diesen Tag nicht vergessen und habe diesen Platz noch öfters aufgesucht, weil ich mich dort so wohl gefühlt hatte.
Als unser Pfarrer im Religionsunterricht vom Paradies erzählte, da habe ich mir das Paradies so vorgestellt wie dieses Fleckchen Erde von Tadten.
Ein Jahr darauf ist mir diese Wiese erst ein richtiges Paradies geworden. Auf der Gartenseite war sie von einem lebenden Zaun eingefangen und vom unteren Ende herauf bis zur Hälfte war sie mit Bäumen aller Art in mittlerer Größe bepflanzt. Es waren auch Obstbäume dabei.
Als ich aus der Schule herauskam, war meine Kinderzeit vorbei.
Da musste ich zu einem Bauern in den Dienst gehen, nun war mein Paradies für mich verloren und ich hatte es ein ganzes Jahr nicht gesehen. Durch einen Zufall kam ich einmal hin.
Das Paradies war weg, es war ausgerottet worden.
Da habe ich mir gedacht:
"Sind das noch Menschen?"
Im August 1914 begann der erste Weltkrieg und ich schaute meinen Eltern zu wie sie für meinen Bruder die Koffer packten, der am nächsten Tag zum Militär einrücken musste.
An diesem Abend kam meine Freund zu mir und wir wollten noch ein wenig weggehen. Als wir über die Straße gehen wollten kamen die Kühe gerade von der Weide. Eine Kuh ging ganz langsam auf der Straße, gab ich ihr mit der Hand einen Schlag auf den Hintern, da schlug die Kuh mit ihrem Bein zurück und ich lag schon am Boden. Sie hatte mir die Oberlippe auseinander geschlagen und zwei Zähne waren auch weg. Meine Eltern brachten mich zum Doktor, doch dieser war nicht zu Hause. Er kam erst am nächsten Tag, da konnte er nicht mehr viel machen. Er gab mir einen Klebestreifen und nach ein paar Tagen war wieder alles gut.
Als der Gemeindebrunnen gemacht und die Rohre versenkt wurden, schauten mein Freund und ich zu wie das gemacht wird. Bis am Abend war alles fertig und um die Rohre herum war noch ein eineinhalb Meter tiefer Graben. In der Nacht gab es einen starken Regen und als wir am nächsten Tag zum Brunnen kamen, war der Graben voll Wasser. Wir sahen im Wasser einen Stock den wir uns holen wollten. Mein Freund nahm mich bei der Hand und wollte dann den Stock holen, dabei rutschte er aus und fiel in das Wasser. Zum Glück waren zwei Männer hier, die ihn aus dem Wasser herausfischten.
In diesem Jahr wurden mein Freund und ich zu Ministranten bestellt. Der Bruder meines Freundes war der Mesner. Ab diesem Tag an musste ich jeden Tag ministrieren. Oft wollte ich nicht in die Kirche gehen, doch meine Mutter war sehr streng und schickte mich auch dann in die Kirche, wenn ich nicht ministrieren musste.
Im nächsten Jahr zu Ostern durfte ich schon ratschen mitgehen, das war eine große Freude. Bei dieser Gelegenheit hat sich ein dritter Freund an uns herangemacht. Der war kein guter, er hat uns zum Rauchen verführt. Sein großer Bruder war ein hoher Beamter in Altenburg und dem hat er immer die Zigaretten gestohlen. Diese hat er uns gegeben. Die Streichhölzer haben wir uns immer aus der Sakristei in der Kirche geholt, da wir durch den Mesner Zugang in die Sakristei hatten. Als sein Bruder aus der Schule ausblieb, wurde mein Freund der neue Mesner. Ich wurde der erste Ministrant.
Die Not wurde immer größer, mein Vater und meine zwei Brüder mussten in den Krieg einrücken. Nun war niemand mehr da der Geld verdienen konnte und das Essen wurde immer weniger. Da hat uns der Nachtwächter ausgeholfen. Der Nachtwächter und seine Frau hatten keine Kinder und er wurde von den Bauern mit Naturalien entlohnt. Er hat jede Woche einen Laib Brot bekommen. Er hat die Rinde vom Brot dick abgeschnitten und sie dann aufbewahrt bis ich sie abgeholte habe. Meine Mutter hat mir aufgetragen, dass ich nicht alles heimlich aufessen soll damit die anderen auch noch etwas bekommen die daheim sind.
IM JAHR 1916
Ich musste schon sehr jung Arbeiten verrichten. Vom September 1916 an war ich, da die meisten Männer im Krieg waren, als Postträger tätig. In den Ferien, in denen ich beim Bauern im Dienst war, trug meine Schwester die Briefe aus.
Es war das Jahr 1916, in der Mitte des Ersten Weltkrieges, da rief ich meiner Mutter in den Schulferien zu: "Mutter, ich habe Hunger, ich will Brot!" Da sagte sie: "Jetzt gibt es kein Brot, erst zu Mittag!"
Da stand ein Mann vor der Tür, es war der Nachbar, ein Bauer, und er sagte zu meiner Mutter: "Gib mir den Bua, I tät nan zum Kaibl fiadern brauch`n." Da sagte meine Mutter zu ihm: "Nimm an, i hob eh nit mehr für olle was zu essen."
Der Bauer nahm mich sofort mit und zeigte mir genau, was ich immer machen musste. Zuerst gab er mir gleich eine Mistgabel in die Hand, und ich musste sofort den Stall ausmisten, das war eine sehr schwere Arbeit für mich. So ging das jeden Tag. Als das erste Korn geschnitten war, nahm er mich mit auf das Feld und lernte mir das Ackern mit 2 Pferden. Bei der Einfuhr musste ich, weil alle Arbeitskräfte im Krieg waren, auch mithelfen.
Als die Schulferien um waren, musste ich wieder in die Schule gehen und die Briefe austragen.
IM JAHR 1917
Im Jahre 1917 kam ich zu einem anderen Bauern in Dienst, da ging es mir besser. In diesem Haus war's eine richtige Erholung für mich. Der Bauer war ein sehr guter Mann. Auch alles Personal war sehr gut zu mir. Jeden Tag, wenn in der Früh die Arbeit fertig war, musste ich das Pferd einspannen und wir fuhren in ein anderes Dorf. Was der Bauer dort machte, erfuhr ich nicht. Ich durfte immer mitfahren und musste dabei auf das Pferd aufpassen. So lernte ich die ganze Gegend kennen, denn wir fuhren jeden Tag in ein anderes Dorf.
Eines Tages fuhren wir in den Wald zum Förster. Als wir dort ankamen, sah ich schon von weitem das erste Mal einen Hirschen. Als wir dann in das Haus des Försters kamen, gab es wieder eine Überraschung für mich. Es gab hier so viele Vogelarten. Am schönsten war ein Pfau.
Am nächsten Abend sagte der Bauer zu mir: "Jetzt gehst gleich schlafen, weil du um Mitternacht schon aufstehen musst. Du darfst mit einer Fuhre Heu mit nach Wien fahren."
Um Mitternacht fuhren wir los. Um 6 Uhr waren wir in Neusiedl am See, dort frühstückten wir. Dann ging die Fahrt weiter nach Bruck an der Leitha. Dort haben wir zu Mittag gegessen. Nachher ging die Fahrt weiter nach Schwadorf. Im Gasthaus Legl wartete schon der Hausknecht. Der übernahm unsere Pferde, spannte sie aus und betreute sie. Ich durfte essen gehen. Nach dem Essen ging ich gleich in den Stall und legte mich zum Schlafen nieder.
Am nächsten Tag um 5 Uhr ging es weiter bis Simmering. Dort frühstückten wir in einem Gasthaus. Für dorthin war schon ein Mann bestellt, der meine Pferde übernahm, weil ich in der Stadt nicht fahren konnte und weil ich nicht wusste, wo das Heu abgeladen werden musste. Ich setzte mich auf den Heuwagen ganz oben auf das Heu, da ich von dort eine gute Aussicht hatte. Ich sah zum ersten Mal in meinem Leben eine Straßenbahn, elektrisches Licht und die großen Häuser. Für mich war das ein unvergleichliches Erlebnis.
Wo wir das Heu abluden, sah ich Pferde über Stufen gehen, denn der Pferdestall war im Keller. Nach dem Abladen aßen wir unser Mittagessen und es begann die Fahrt nach Hause.
Als ich in unserem Dorf ankam, legte ich mich wie ein Großknecht in den Wagen und knallte mit der Peitsche, damit die Buam auf mich aufmerksam wurden. Ich hab mich da so gefühlt, als ob ich schon Großknecht wär. Sie sollten dabei sehen, dass sie mir gegenüber noch so wie Kleinkinder wären. Ich hatte noch zweimal das Glück, mit dem Heuwagen nach Wien zu fahren.
Aber die 2 Monate Schulferien waren bald um, und ich musste wieder in die Schule gehen und den Briefträger machen.
Diese 2 Monate waren für mich die schönste Erholung meines Lebens.
IM JAHR 1918
Der 24. April eines jeden Jahres war für alle, die in einen Dienst treten mussten, ein besonderer Tag. An diesem Tag war für den Dienstboten das alte Jahr aus und das neue Arbeitsjahr begann.
In der damaligen Zeit war das Gesetz, dass für alle Kinder der 6. Klasse die Schulzeit zu Ende war. Im Jahre 1918 war es bei mir so weit, wo ich zu einem Bauern kam und ganzjährig Lohnarbeit machte.
Gleich am ersten Tag bemerkte ich, dass dies kein gutes Haus war. Dieser Bauer hatte kein Gefühl für arbeitende Menschen. Als der erste Tag um war und Zeit war zum Schlafen, schaute ich in jeden Stall, aber nirgends fand ich ein Bett für mich. Kein Mensch hatte sich um mich gekümmert. Da kam der Großknecht. Den fragte ich, wo ich schlafen könnte. Er meinte: "In der Krippe, da räumst du das Heu auseinander, breitest eine Decke hinein und mit einer anderen deckst du dich zu." Das war der erste Tag, wo ich in einem Stall schlafen musste, DA WAR ICH NOCH KEINE 12 JAHRE ALT.
Eines Tages, als wir auf dem Feld arbeiteten, erwischte uns der Regen und wir wurden alle nass. Auch die Decken waren nass. Am Abend, als es Zeit war zum Schlafen, waren die Decken immer noch nass. Da fragte ich den Großknecht, was ich machen sollte. Er sagte: "Gib die Decken auf die Pferde, dann werden sie schneller trocken." Nach einer Weile kam der Bauer in den Stall und sah die Decken auf den Pferden. Er schimpfte mit mir und schrie: "Willst du meine Pferde umbringen?" Er nahm die Decken ab und ging weiter. Ich dachte mir, dass er mir jetzt andere bringen würde, aber er kam nicht mehr zurück. "Was mache ich jetzt?" dachte ich nun. Ich schlüpfte ins Heu hinein, und die nassen Decken gab ich oben drauf. So habe ich die Nacht verbracht.
In diesem Haus waren ein alter Bauer und ein junger Bauer und drei Bäuerinnen, eine alte und 2 junge, ein Großknecht und 2 gefangene Serben und 2 Dienstmädchen. Die haben alle mit mir angeschafft. Der Knecht und die 2 Serben haben mit den Pferden gearbeitet.
Eine Bäuerin und ich mussten mit den Ochsen fahren. Jetzt kam das Schwerste für mich. Zu Mittag kam der Bauer mit dem Essen. Ich musste schnell essen, weil ich dabei die Ochsen am Ackerrand weiden musste. Es waren vier Ochsen, in jeder Hand musste ich 2 an der Kette halten. Da bin ich mir vorgekommen wie ein Kettenhund. Und das dauerte eine Stunde. In dieser Zeit haben sich die anderen ausrasten können. Dann ging die Arbeit weiter bis zum Abend. Zu Hause musste ich die Ochsen hinter dem Stall noch eine Stunde weiden.
Eines Tages sagte der Bauer zum Knecht: "Den Acker müsst ihr heute noch fertigmachen und wenn es Mitternacht wird!" Und es wurde 10 Uhr Nacht bis wir heimkamen. Trotzdem musste ich gleich wieder die Ochsen weiden. Als ich das Nachtmahl bekam, schlug es 23 Uhr. Nun legte ich mich schnell ins Bett, damit ich in der Früh zeitgerecht an die Arbeit kommen konnte.
In diesem Jahr gab's für mich keinen Sonntag. Der war genau wie ein Werktag. Bis 9 Uhr wurde gearbeitet, dann gab es das Frühstück. Dann musste ich mich schnell umziehen und in die Kirche gehen. Nachher wartete schon das Mittagessen. Nach dem Essen lief ich schnell in die Sonntagsschule, anschließend musste ich wieder in die Kirche. Dann zog ich mich um. Der Sonntag war für mich vorbei, denn ich musste die Ochsen sofort wieder auf die Weide bringen und bis 7 Uhr abends an der Hand führen. Dann bekam ich das Nachtmahl.
Einmal sagte ich zu meinen Eltern: "Ich bleibe nicht in diesem Haus, ich geh' weg." Da saß ein Mann dort, der hörte dies und sagte zu mir: "Bua, das darfst du deinen Eltern nicht antun, ein Jahr muss man aushalten, auch wenn's auf deinem Buckel Holz hacken." Da habe ich bemerkt, dass ich keine Unterstützung hatte und ich musste mein Jahr durchhalten.
Als der Herbst kam, da waren die Tage schon kürzer, da mussten wir über Mittag arbeiten. In der Früh gab's eine Schale Kaffee. Damit mussten wir bis 2 Uhr Nachmittag arbeiten.
Bis ich mit meinen Ochsen heimkam, hatten die anderen schon gegessen, ich musste allein essen. Dabei schaute mir die Bäuerin zu. Auf einmal sagte sie zu mir: "Bua, du musst dich mit der Suppe anessen, nicht mit den Brocken."
Am nächsten Tag musste ich Kukuruz abnehmen. Ganz allein eine Fuhre habe ich gemacht. Und als die Fuhre heimkam, war es der jungen Bäuerin zu wenig, was ich abgenommen hatte. Aber da sagte die alte Bäuerin: "Lasst den Bua, der hat genug gearbeitet." Das war das erste Lob in diesem Haus.
Im Winter war es Brauch bei dem Bauern, dass man vor dem Schlafengehen noch einmal nachschaute, ob im Stall alles in Ordnung wäre. Elektrisches Licht gab es keines, so kam der Bauer mit der Stalllampe und guckte überall hinein und ging weiter. Einmal hat er die Lampe aufgehängt und ist fortgegangen. Ich wurde wach und wusste nicht, ob er mich aufgeweckt hatte oder nicht. Ich stand auf, zog mich an und wollte zum Füttern anfangen und ging aus dem Stall. Da kam grad die alte Bäuerin nach Hause und sah mich. Sie sagte: "Bua, was machst du?" Ich sagte: "Na, füttern:" "Ach", sagte sie, "leg di nieder, es is erst 11 in der Nocht." Ich hab gleich wieder eingeschlafen.
Die Arbeitszeit in der Landwirtschaft dauert von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. In der Erntezeit wird auch am Sonntag gearbeitet, nur von 9 Uhr bis 15 Uhr war Pause, dann ging es weiter bis zur Dunkelheit.
Viele der notwendigen Dinge wie Salz, Zucker, Essig, Petroleum hat man nur im Schleichhandel bekommen. Der Bauer hat Fleisch, Mehl und alles was er selbst erzeugt hat wie Milch und Butter eingetauscht. Der kleine Mann hat aber nichts zum Eintauschen gehabt. Oft hat meine Mutter beim Bauern Wäschewaschen geholfen um ein Petroleum zu bekommen, damit wir am Sonntag und Feiertagen ein Licht hatten.
1919
In diesem Jahr kam ich zu einem neuen Bauern. Bei diesem war ich drei Jahre und wäre auch geblieben, wenn mich nicht meine Mutter heimgenommen hätte. In diesem Haus ging es mir sehr gut, ich wurde wie ein eigenes Kind behandelt. Arbeiten musste man in jedem Haus, doch gab es große Unterschiede. In diesem Haus wurde bei Zeiten am Abend mit der Arbeit aufgehört und nicht bis in die Dunkelheit hinein gearbeitet. Auch gab es immer ausreichend zu Essen. Eines Abends sagte der Bauer zu mir: "Geh Bua geh zum Tor und sperr zu!", ich sagte zu ihm, dass die Arbeiter noch nicht alle da sind. Darauf sagte der Bauer, dass die Arbeiter wissen müssen, dass man am Abend rechtzeitig nach Hause kommen muss. Wer am Tag seine Arbeit gut macht, kann am Abend ausruhen.
Bei allen anderen Bauern musste man im Stall schlafen, aber in diesem Haus hatten die Knechte ein gutes Bett und sogar einen Polster mit Federn gefüllt. Auch war ein Überzug vorhanden, der regelmäßig gewaschen wurde. Da habe ich erst gemerkt welch große Unterschiede es unter den Bauern gibt.
Dieser Bauer hatte zwei Söhne, die er beide studieren hat lassen und keiner übernahm die Wirtschaft, daher musste er mit lauter fremden Leuten arbeiten. Dieser Bauer hatte die zweit größte Wirtschaft im Dorf. Da er schon alt war konnte er nicht mehr die ganze Wirtschaft bearbeiten und verpachtete daher 2/3 seines Besitzes. Er entließ jedes Jahr einen Knecht bis nur mehr ich allein die ganze Wirtschaft führte, nur einen Bua hat er noch zum Viehfüttern aufgenommen. Ich wäre noch gerne länger geblieben, aber meine Eltern nahmen mich wieder heim und ich musste wieder am Gutshof arbeiten.
Das Militär hat im Jahr 1917 bis 1919 ein Heudepot in Tadten eingerichtet. Alles Heu was zu haben war wurde aufgekauft. Drei Heupressen wurden aufgestellt, zwei davon wurden von den Soldaten betrieben, die dritte Presse von den Ortsbewohnern. Es wurde eine Pferdebahn nach St. Andrä verlegt um das Heu zum Bahnhof in St. Andrä zu befördern. Vier Bauern, Lunzer Johann, Unger Michael, Burjan Wendelin und Zwickl Franz haben die Verantwortung für die Arbeit übernommen, bezahlt wurde alles vom Militär.
Mein Freund und ich sind oft zuschauen gegangen. Wir haben beim Pressen und Aufladen der Heubündel auf die Rollwagen zugesehen und wären so gerne mit dieser Pferderbahn mitgefahren. Wir hatten einmal das Glück, dass wir an einem schulfreien Tag zu Heudepot gegangen sind und fragten einen alten Mann ob er uns nicht mitnehmen würde damit wir den Bahnhof in St. Andrä sehen könnten. Er hat uns mitgenommen. Das war eine große Freude für uns. Am Bahnhof schauten wir zu wie die Heubündel auf die großen Waggons geladen wurden. Als alles fertig war, sind die Männer für ein Glaserl Wein noch in das Gasthaus gegangen.
In dieser Zeit ist ein Zug angekommen und Leute sind ausgestiegen. Einige wollten nach Tadten fahren hatten aber keinen Fuhrmann. Sie fragten, ob sie mit uns nach Tadten fahren können. Eine Frau fuhr mit die schwanger war. Plötzlich mitten auf dem Weg hat sie das Kind bekommen und ein Arbeiter musste Hebamme spielen. Das war sehr aufregend für uns.
Im Jahr 1916 und 1917 hat es so viel geregnet, dass die Straße von Tadten nach St. Andrä zwei Kilometer außerhalb des Dorfes in einer Breite von 150 Metern überschwemmt war. Die beiden Lacken, Schofstolacke und Weinerdlacke waren zusammen und es hat wie ein großer See ausgeschaut. Wer nach St. Andrä wollte, musste seine Schuhe ausziehen oder er musste auf ein Fuhrwerk warten.
Als der erste Weltkrieg zu Ende war, regierte der Kommunismus. Bela Kühn war der Führer. Auch bei uns im Dorf ist ein Mann zu meinem Vater gekommen und hat gesagt, dass er alle Arbeiter zusammen holen soll und sie sollen ihn zum Richter machen. Das Wort Bürgermeister kannten wir damals noch nicht. Mein Vater versprach, dass wenn er Richter wird als Erstes die Gasse, heute die Lange Gasse, sofort in Arbeit nehmen wird. Der Zustand der Gasse war so schlecht, dass wenn es geregnet hatte konnte man nicht mehr vor lauter Kot gehen. Er wurde Richter. Wie das vor sich gegangen ist habe ich nicht erfahren. Aber er hat sein Versprechen eingehalten. Ein jeder der ein Pferd hatte musste Schotter bringen. Die Arbeiter mussten auch beim Aufladen und Auseinanderschaufeln des Schotters helfen. So wurde eine schöne Straße gebaut.
Mein Vater war aber nicht lange Richter, weil der Kommunismus wurde gestürzt und er musste gehen. Ein neuer Mann stand nun an der Spitze, er wurde Hortie genannt, die Regierung wurde als Retter Regierung bezeichnet. Auch im Dorf wurde ein neuer Richter gewählt. Das Gesetz war damals so, dass nur die Grundbesitzer bei der Richterwahl ein Wahlrecht gehabt haben. Dann ist wieder ein Mann zu meinem Vater gekommen und hat gesagt, dass wir den Vizerichter wählen können. So wurde dann Unger Michael Nr. 29 als Vizerichter gewählt. Nach dieser Periode wurde Sattler Paul Nr. 23 gewählt. Er war der letzte Richter nach ungarischem Wahlrecht. Der nächste Richter war dann schön ein Bürgermeister der nach dem allgemeinen Wahlrecht gewählt wurde. Györick Johann war sein Name.
DER WAASEN (1920)
Der Hansag war vor 50 Jahren noch ein Sumpfgebiet mit ca. 1.000 Joch Wiesengrund und gehörte dem Fürsten Esterhazy. Diese Wiesen wurden in Riede eingeteilt. Z.B. waren in der Ersten Ried 200 Joch, und diese wurden wiederum in Flächen von 10 Joch geteilt. Diese 1.000 Joch wurden jedes Jahr neu verlizitiert (neu verpachtet -versteigert). Das ging so vor sich: Der Kloarichter (Kleinrichter-Gemeindediener) machte kund, indem er trommelnd und folgendes ausrufend durch das Dorf ging:
"Heute ist beim Kanal unten die Großlizitation. Wer kaufen will, soll sich unten beim Einserkanal einfinden. Verkauft wird nur an Leute, die bar bezahlen."
Zu dieser Lizitation kamen so viele Leute, und sie dauerte so lange, dass sogar die beiden Wirten Prückler und Groß unten einen Stand aufstellten und mit dem Verkauf von Getränken ein gutes Geschäft machten.
DAS MÄHEN
Ein Bauer kaufte sich 10 Joch Wiesen. Zum Mähen nahm er sich 3 Mann auf und brachte sie um 5 Uhr hinunter auf die Wiese, die er gekauft hatte. Bei der Lizitation waren die Wiesen nach Nummern verkauft worden. Unser Bauer hatte die Nummer 5 ersteigert. Jetzt musste er zuerst seine Nummer suchen. Hatte er den Platz gefunden, so wurde ein Stück sofort abgemäht, damit Platz zum Abladen vorhanden war, denn der Bauer fuhr ja wieder heim. Dann wurden die Grenzen zum Nachbarn festgelegt. Ein Mann suchte nun die Nachbarnummer 6. Sobald er sie hatte, stellte er seine Gabel auf. Der 2. Mann stellte sich auf den Grenzpunkt 5 auf und ging genau auf den Mann zu, der mit der Gabel beim Grenzpunkt 6 stand. Der dritte Mann musste mit der Sense genau hinter dem zweiten hergehend einen Streifen Gras abmähen, damit die Grenze gut sichtbar war. So wurde die Grenzen rund um dieses ersteigerte Feld festgelegt. Nun dengelten die Männer ihre Sensen, damit sie eine gute Schneid hatten. Nachher wurde gefrühstückt. Der mit dem Dengeln zuerst fertig wurde, musste das Wasserröhrl nehmen und einen Brunnen machen.
Dies geschah folgendermaßen:
Der Waasen war ein sumpfiges Gebiet. Es war kein richtiger fester Boden. So wurde das Röhrl, das unten zwei Schrägschnitte hatte, in den Boden hineingeschlagen bis es beim Wasser war. In die Schrägschnitte steckte man Gras in das Röhrl und bog es vor dem Einschlagen entlang des Röhrls ein Stückchen herauf. Jetzt konnte beim Einschlagen in den Boden kein oder nur sehr wenig Schmutz in das Röhrl hineinkommen, weil das Gras wie ein Stoppel vor der Öffnung war. Glaubte man, tief genug zu sein, so zog man das Röhrl ein Stück herauf, dadurch ging unten das Gras heraus und das Röhrl war offen. Dann saugte man das Wasser herauf. Am Anfang kam etwas Schmutz, das beim Hinunterschlagen des Röhrls doch noch hineingekommen war, herauf. Aber nach öfterem Saugen kam dann ganz reines Wasser, und der Brunnen war fertig. Wer trinken wollte, ging zum Röhrl und saugte sich das Wasser aus dem Boden heraus.
Nun begann das Mähen. Eine Stunde brauchte man zum einmal Durchmähen, nun wurde noch 5-mal durchgemäht. Dann war Mittag. Es wurde Mittaggegessen und eine Stunde geschlafen. Dann wurden die Sensen wieder gedengelt und gemäht bis es Abend wurde. Dann wurde Ratschlag gehalten. Schaute es nach einem Regen aus, dann wurde eine Hütte gebaut, war das Wetter gut, wurde keine gemacht. Sah es so aus, als ob der nächste Tag recht heiß zu werden schien, so wurde schon um 3 Uhr gemäht, damit wir zu Mittag 2 Stunden schlafen konnten. Für diese 10 Joch brauchten wir zu dritt 3 bis 4 Tage. Der Taglohn war bei der Heuarbeit 4 Schilling.
HEUARBEIT
Acht Tage nach dem Mähen war das Heu fertig. War ein günstiger Tag, so wurde sofort alles Gerät, das gebraucht wurde, auf den Wagen geladen. Für sechs Personen brauchte man sechs Holzgabeln, zwei Rechen, eine Gabel mit einem 3 m langen Stiel und 4 Heustangen mit 4 m Länge.
Die erste Arbeit auf dem Felde, wenn das Heu noch feucht war, war das Zopfdrehen. Je zwei Männer arbeiteten da zusammen. Einer spann, der andere musste mit beiden Händen drehen. Der fertige Zopf war 5 m lang. Für die Wiese von 10 Joch brauchte man 18 Zöpfe. Je zwei Personen arbeiteten da zusammen, zwei gaben das Heu von links und zwei von rechts hin. Waren diese fertig, dann begann das Auffangen. Jeder griff nach seiner Heugabel und nahm so viel Heu als darauf liegen blieb. Er legte das Heu so zwischen die 3. und 4. Mand, als wolle er ein Kreuz bilden. Jeder brachte das Heu zweimal auf dieselbe Stelle. Dann waren 12 Gabel Heu auf diesem Platz. Das nannte man ein "Schallhäuferl". So ging es den ganzen Tag. Auf diese 10 Joch kamen ungefähr 300 so kleine "Schallhäuferl" zusammen. Dann war es Abend. Natürlich wurde dabei auf das Essen und Trinken nicht vergessen. Es gab Brot und eine "Sauschunka" und Speck. Dienstag und Freitag brachte der Bauer Kaffee. Mancher Bauer brachte auch einen Sterz mit, mit dem wir große Freude hatten.
Am nächsten Tag begann das Zusammentragen. 2 Personen nahmen eine Heustange, je zwei und zwei arbeiteten da zusammen. Jetzt gingen sie zu den "Schallhäuferin" und stellten sich so daneben auf, dass vorne und hinten einer stand. Sie stachen die Stangen zwischen Erdboden und Heu hinein. Der Arbeiter vorne gab dann den Befehl: "Auf!" Sie gingen damit jetzt zu dem, der den Kegel machte. Der hatte dafür schon den Platz ausgesucht und sagte: "Nieder!" Ungefähr 25 so kleine "Schallhäuferl" kamen auf einen Kegel. Der Mann, der ihn machte, spießte so ein Häuferl an und legte es auf den begonnenen Kegel. War der schon so groß, dass er nicht mehr hinaufreichte, so nahm er die lange 3 metrige Gabel. Da arbeitete er solange bis er nicht mehr hinauflangte. Dann begann er mit einem zweiten Kegel. Auf diesem Feld von 10 Joch wurden 12 Kegel aufgestellt. Dann war es schon wieder Nacht.
Am nächsten Tag, als die Kegel fertig waren, musste einer auf den Kegel hinauf. Natürlich musste er schwindelfrei sein. Der muss den Kegel gut treten. Einer gab ihm das Heu hinauf, bis er einen schönen Spitz hatte, damit kein Wasser hineinkonnte. Während die drei bei den Kegeln arbeiteten, mussten die anderen mit den Rechen die Wiese saubermachen. War alles Heu oben, so kamen 3 Zopfen darauf, damit der Wind die Kegel nicht abreißen konnte. Bevor die Zopfen draufkamen, musste der Kegel mit dem Rechen so gekämmt werden, wie wenn man ein Haar kämmt. Der Kegel musste dann so aussehen, als ob man ein Ei aufgestellt hätte. Waren die 6 Kegel fertig, wurde mit den nächsten 6 begonnen.
ERNTE
Der Bauer nahm sich einen Schnitter samt seinem Weib für den gesamten Schnitt auf. Dafür zahlte er im Jahre 1929 je 300 kg Weizen, Korn und Gerste. Vier Sonntage vorher musste der Schnitter mit seiner Frau die "Bandeln" machen. Damit begannen sie um 5 Uhr, arbeiteten bis 9 Uhr in der Scheune. Dann konnten sie nach Hause gehen, um sich auszuruhen. Um 15 Uhr begann die Arbeit wieder, die dann um 19 Uhr endete. Diese Bandeln waren aus Kornstroh, das im Winter mit der Hand gedroschen worden war (Dreschflegel. 1 Tennenmeister und 2 Helfer). Das gedroschene Stroh wurde gebündelt und statt Garbe "Schab" genannt (1 Schab war noch einmal so groß wie eine Garbe).
Der Mann mähte mit der Sense, die Frau hob auf und fasste es zu einem Bündel zusammen. Der Knecht band dann die Garbe (Bündel). Bei größeren Bauern war der Knecht auch schon Mäher. Dann musste sich der Bauer einen Binder aufnehmen.
Beim Korn und beim Weizen musste die Frau nicht nur aufnehmen, sondern auch die Bandeln machen. Die Bandel, die im Winter gemacht worden waren, wurden bei der Gerste verwendet. War ein Acker fertig, so blieben die Garben zwei oder drei Tage liegen. Inzwischen wurde auf einem anderen Feld gemäht. Nach zwei Tagen waren wir um 3 Uhr in der Früh schon wieder auf dem ersten Acker und trugen die Garben zu Mandeln zusammen. Bei Korn und Weizen waren 20 Garben ein Mandel, bei der Gerste 10. Der Bauer begann dann das geschnittene Getreide - Weizen und Korn einzuführen. Er brachte es auf eine Wiese, die es damals rund um unser Dorf gab, und wurde dort zu Schobern zusammengebaut. Die Gerste wurde in den Stadl gebracht. Da hat es geheißen: "Die schware Frucht bleibt drausst und die geringere kommt in den Stadl." Daher hat jeder Bauer zweimal die Maschine bekommen, einmal draußen und einmal im Stadl.
Bei der Dreschmaschine waren wir 14 Männer und 2 Frauen. Die Frauen mussten täglich wechseln. Bei der Dreschmaschine und beim Lokomobil waren der Maschinist und der Heizer. Die zwei Frauen arbeiteten beim Streu "Orecher".
Der erste Mann war der Einleger, der zweite war bei den Säcken, der dritte war der Aufschneider, dann waren 3 Garbenreicher und zwei bei der Rutsche. Da kam das Stroh herunter. Vier Mann waren Strohträger, die haben den Spieß in das Stroh hineingestochen und es so zu der Triste getragen. War die Triste schon hoch, so musste das Stroh auf einer Leiter hinaufgetragen werden. - Manche Dreschgarnituren hatten schon einen Elevator, der das Stroh auf die Triste hinaufschob. - Zwei Mann machten die Triste.
Als Lohn bekamen die 16 Leute 4 1/2 % des Gedroschenen, der Maschinist 1 %. Zur Frühstücks- und Jausen Zeit gab es einen viertel, manchmal einen halben Liter Wein und einen Laib Brot. Dem Maschinisten wurde von der Bäuerin sehr gut aufgekocht.
KRAUTERNTE
Die Bäuerin sagte in der Früh zu uns: "Heute habe ich mit dem Krautschneider gesprochen und ihn für heute bestellt. Um 7 Uhr abends kommt er, da muss dann alles fix und fertig im Keller liegen."
Wir fuhren auf das Feld und begannen das Kraut auszuschneiden. Mit dem Wagen brachten es wir nach Hause. Die Blätter, die nicht gut waren, wurden entfernt und den Kühen verfüttert. Das saubere Kraut wurde in den Keller getragen. Dort stand schon das Fass, in das das geschnittene Kraut hineinkam, bereit.
Pünktlich um 7 Uhr war der Krautschneider da. Er stellte seinen Hobel auf. Unter den Hobel wurde eine große Schüssel gestellt, dort fiel das geschnittene Kraut hinein. Jetzt begann der Krautschneider mit seiner Arbeit. Zuerst wurde der Krautstengel herausgeschnitten. Dazu hatte er einen Bohrer. Einer von uns musste bohren. Der Krautschneider selbst gab das Kraut in seinen Hobel und fuhr damit hin und her bis die Schüssel voll war. Dann wurde sie in das Fass hinein ausgeleert. Darüber kam nun Salz, Pfefferkörner und Quitten. Das muss mit dem Kraut miteinander gestampft werden.
In der Zwischenzeit hat die Bäuerin mir die Füße gewaschen und hat mich in den Keller getragen. Dort stellte sie mich in das Fass mit dem Kraut. Ich musste auf dem Kraut so lange springen bis das Wasser über dem Kraut stand. Dann kam wieder eine Schüssel voll Kraut hinein, wieder Salz, Pfefferkörner und Quitten darauf und ich konnte wieder springen. So ging das immer weiter, bis das Fass voll war.
Es wurde mit einem Deckel zugedeckt und mit großen Steinen beschwert.
Dann kam der Spruch:
"Kraut, Kraut, alle Tag bis zu unserem Kiritag."
HALTER
In Tadten gab es folgende Halter:
- Rosshalter,
- Ochsenhalter
- Kuhhalter,
- Sauhalter,
- Ganslhalter
Der ROSSHALTER (Herr Geißbär Michael) war der erste, der die Tiere austrieb. Um 5 Uhr knallte er, beginnend beim Halterhaus (jetzt Obere Hauptstraße 37 und 39) hinunterzugehend mit seiner langen Peitsche. Nun ließen die Bauern, wenn er in der Nähe ihres Hauses war, die Pferde heraus. Die Pferde, die auf die Weide getrieben wurden, durften nicht beschlagen sein (kein Hufeisen haben). Der Halter trieb die Pferde im Monat Mai auf die Weiden nördlich des Dorfes. War die Weide schon stark abgeweidet, so trieb er sie auf die Weide im Winkl und Scheibn. So konnte das Gras dann wieder wachsen. Im Monat Mai ging auch der Hengst mit auf die Weide. Wurde eine Stute von ihm belegt, so war es die Pflicht des Halters, dies dem Besitzer der Stute zu melden.
Der OCHSENHALTER (Herr Deim) trieb um 5,30 Uhr aus. Er hatte ein langes Ochsenhorn (Kirn), darauf hatte er ein Mundstück. Damit blies er durch das Dorf, auch beginnend vom Halterhaus, und sammelte die Ochsen. Diese trieb er auch auf die Weide nördlich unseres Dorfes. Waren die Pferde auf der einen Seite der Weingartenlacke, so weideten die Ochsen auf der anderen Seite.
Der KUHHALTER (Herr Straka) trieb um 6,00 Uhr aus. Er hatte eine Trompete, auf dieser blies er einige Lieder (Es steht a Bliamal ganz alloan verlossn tiaf im Wold"). Zu blasen begann er auch beim Halterhaus. So sammelte er die Kühe ein und trieb diese auf die Weide, wo die Ochsen waren. Bei der Kuhherde war auch ein Stier dabei. Wurde eine Kuh von ihm belegt, so musste der Kuhhalter dies dem Besitzer der Kuh melden.
Der SAUHALTER (Saupunzerl) trieb um 6,30 aus. Er hatte ein Pfeiferl. Auch er begann beim Halterhaus zu pfeifen. So pfiff er durch das Dorf und die Bauern ließen die Schweine aus den Häusern. Die Schweine wurden zu der Schwarzlacke getrieben. Auch bei den Schweinen war der Eber (Saubär) mit dabei. Auch hier musste der Halter das Belegen eines Schweines dem Besitzer melden.
Die GANSLHALTERIN trieb um 7,00 Uhr die Gänse zur Lacke. Gänsehalter war immer eine Frau (Frau Unger und Frau Györik Pauline (Paulinimuam)). Den Gänsen wurde kein Zeichen mehr gegeben, denn diese schnatterten ohnehin laut genug durch das Dorf.
EISHACKEN
In früheren Jahren gab es noch keine Kühlschränke. Daher wurde im Winter Eis gehackt, um damit den ganzen Sommer hindurch kühlen zu können. Bei uns in Tadten waren es die Milchgenossenschaft und die Gastwirte, die das Eis sehr notwendig benötigten.
Jeder Wirt hatte eine Eisgrube, damit er das Bier, das damals noch in den Fässern war, dort kühlen konnte. Meistens war der Wirt auch noch Fleischhauer. Schlachtete er ein Rind, so musste er einen Großteil in die Eisgrube geben, da er das Fleisch nicht auf einmal verkaufen konnte.
Gebaut wurde eine Eisgrube so:
Die Gruben, die unsere Wirte hatten, waren 3m x 3m im Quadrat und 1 1/2 m tief. Diese Grube wurde mit einem 30 cm dicken Rohrdach gedeckt, damit keine Wärme hineinkonnte. Die Tür war mit einem Strohsack überzogen. So war auch der Eingang vor der warmen Luft geschützt.
Im Winter, wenn das Eis so stark war, dass es Männer richtig trug und sie darauf arbeiten konnten, nahm sich der Wirt 4 Mann auf, die das Eis hackten. Gearbeitet wurde immer in der Weingartenlacke.
Das Eis wurde in Würfel von zirka 50/50 cm gehackt. Diese Würfel wurden am Rand der Lacke aufgelegt, damit man sie leicht auf die Wagen laden konnte. Waren die Männer fertig, ließ der Wirt durch den Kleinrichter kundtun, dass jeder, der ein Fuhrwerk besaß, Eis zu ihm in die Grube bringen konnte. Diese Arbeit war freiwillig. Wer eine Fuhre brachte, bekam ein Viertel Wein.
Das Eis wurde dann wieder von 4 Männern in die Grube gegeben. Ein Mann warf die Würfel hinunter. die drei anderen waren in der Grube und zerschlugen mit einer Hacke das Eis so fein, dass es wie Schotter war. Die Schuhe der Männer waren mit Lappen umwickelt, da das zerkleinerte Eis so scharf war, dass es die Schuhe zerschnitt.
KORBFLECHTEN
In den Jahren 1926, 27, 28 habe ich jedes Jahr in den Wintermonaten 150 Körbe geflochten. Dazu brauchte ich Weidenruten. Es gab verschiedene Arten. Sie hatten den Namen "Weide" und "Felber". Die Ruten durfte man erst schneiden, wenn alle Blätter gefallen waren. Sie mussten ca. 2 m lang und ohne Ast sein. Für einen Korb benötigte ich ungefähr 120 Stück. Die Ruten wurden immer frisch geschnitten verarbeitet.
Beim Beginn der Arbeit sortierte ich die Ruten nach der Stärke. Zuerst schnitt ich 6 Stück, jedes ca. 30 cm lang, von dem dicken Ende der Rute ab. Drei Stücke wurden in der Mitte durchgestochen. Die anderen drei schob ich in diese Löcher so hinein, dass die Form eines Kreuzes entstand. Mit einer dünnen Rute band ich sie zusammen und begann so weit zu flechten, bis der Korbboden seine Größe hatte. War der Boden fertig, wurden 24 Stück Ruten in den Boden eingeschoben, aufgebogen und oben zusammengebunden. Dann wurden wieder 24 Stück Ruten eingeschoben. Mit denen machte ich den Bodenrand. War dieser fertig begann das Aufflechten bis die Höhe eines Korbes erreicht wurde. Dann bog ich alle hochstehenden Ruten um und flocht sie ein. Zuletzt machte ich die Henkel.
Diese Weidenkörbe waren sehr widerstandsfähig. Sie wurden zum Transportieren verschiedenster Dinge verwendet. Ich konnte mir so in den Monaten, in denen ich keine Arbeit hatte, Geld verdienen.
TAKA MACHEN
In meiner Kindheit war das Taka machen ein gutes Geschäft. Wir nannten sie Takamatten. Die meisten Takamatten wurden vom Fleischhauer gekauft, auch im Haushalt waren sie nicht wegzudenken. Diese Matten wurden bei den Fenstern in der Nacht als Vorhänge verwendet und am Fußboden als Teppich verwendet. Zu dieser Zeit hatten nur wenige Häuser einen Fußboden, da waren diese Matten von Vorteil, da sie warm waren und auch gewaschen werden konnten.
Der Taka wurde in der ersten Hälfte des Augusts geschnitten und circa 8 bis 10 Tage zum Trocknen ausgebreitet. Dann kam er auf den Dachboden und im Winter wurde er verarbeitet. Dazu hat man noch Soher gebraucht, der ebenfalls in dieser Zeit geschnitten wurde. Der Soher wird mit der Hand zu einer Schnur versponnen. Für die Arbeit brauchte man noch einen Takastuhl (Webstuhl). Diese Arbeit haben nur die Frauen im Winter gemacht.
TORF STECHEN
Im ersten Weltkrieg war das Torfstechen ein wertvolles Produkt. Der Torf wurde als Heizmaterial und als Streu für die Tiere verwendet. Zu dieser Zeit gab es im Hansag eine Torffabrik, die den Torf verarbeitet. Es gab zweierlei Torf, einen harten und einen weichen. Der harte Torf wurde zum Heizen verwendet, der weiche diente als Streu für die Tiere. Der meiste Torf war auf fürstlichen Boden, daher musste man gute Beziehungen haben, damit man etwas bekommen hat. Den meisten Torf hat die Gutsverwaltung selbst für den Dampfpflug verbraucht.
ZIEGEL
Wenn man Ziegel machen wollte, musste man zuerst einen ebenen Platz und eine gute Erde haben, halb schwarz und eine lehmige. Dazu brauchte man eine Schaufel und eine Haue, zwei Modelle und Sand. Dann konnte mit der Arbeit begonnen werden. Man grub ein 1 Meter tiefes Loch und verwendete diese Erde gleich. Diese Erde wurde mit Wasser begossen, mit der Haue zerkleinert und mit der Schaufel so lange gemischt, bis es wie ein Teig aussah. Wenn der Teig fertig war, stieg ein Mann in die Grube, ein anderer Mann gab ihm dann die Modelle, die er zuvor mit Wasser nass gemacht hatte, in diese Modelle streute er Sand, damit der Teig nicht kleben bleibt.
Der Mann in der Grube füllt das Modell mit dem Teig und streicht es dann mit einem Holzbrett ab. In der Zwischenzeit richtet der zweite Mann das andere Modell her und nimmt das gefüllte Modell aus der Grube. Er stellt das gefüllte Modell auf den ebenen Platz, zieht es rasch hoch und der Ziegel ist fertig. Während die beiden Männer so Ziegel machen, gräbt der dritte Mann wieder eine Grube aus und bereitet einen Teig vor.
Am nächsten Tag wird der Ziegel aufgestellt, damit er schneller trocknen kann. Die fertigen Ziegel werden dann wie eine Mauer aufgestellt und abgedeckt, damit der Regen nicht eindringen kann.
GESANGSVEREIN
Im Jahre 1924 gründete der Volksschullehrer Kadnar einen Gesangsverein mit 30 - 35 Männern. Auch ich war dabei. Da der Lehrer meinte, dass die Proben ohne Harmonium nicht richtig gingen, Geld zum Kauf aber nicht vorhanden war, machten wir eine Haussammlung. Auch ein Theaterstück "Das Nullerl" wurde von uns aufgeführt. Siebenmal mussten wir es aufführen, weil es den Leuten so gut gefiel.
MUSIKKAPELLE
1925 hat Oberlehrer Schmall Julius eine Musikkapelle gegründet. Er wollte nur Kirchenmusik spielen. So hat er mit vier Mann angefangen. Zwei haben Geige gelernt, einer konnte Bass und einer Flöte. Zwei Monate nach der Gründung kamen noch drei Mann dazu, auch ich war dabei.
Nach einem Jahr haben wir, es war zu Weihnachten, das erste Mal eine Messe gespielt.
Wir versuchten später auch Tanzmusik zu lernen. Dazu brauchten wir noch drei Mann.
Als wir dann so weit waren, dass wir auch auf Tanzunterhaltungen spielen konnten, übergab Oberlehrer Schmall, weil er schon alt war, die Leitung der Kapelle. Sein Nachfolger blieb auch nicht lange, so übernahm ich später die Leitung der Musikkapelle. Es ging alles sehr gut, bis der Krieg ausbrach und die Männer einrücken mussten.
IM JAHR 1928
In diesem Jahr wurde mit dem Straßenbau vom Weißen Kreuz - Weingartenlacke bis zu der Kurve bei der Schwarzen Lacke begonnen. Es wurden 45 Arbeiter angestellt, es waren 20 von Andau und 20 von Tadten und 5 von St. Andrä. Straßenreferent war damals Landeshauptmannstellvertreter Ludwig Leser.
Die Lacke war damals fast ausgetrocknet. Es wurde auf beiden Seiten ein Graben ausgehoben. Das Material wurde in der Mitte aufgeschüttet und mit Schubkarren auseinandergeführt.
So arbeiteten wir bis zum 16. Dezember. Dann musste die Arbeit eingestellt werden. Der Wintereinbruch war damals so stark, dass es am Faschingsdienstag 1929 minus 30° gehabt hat. Ungefähr Mitte März konnte wieder mit der Arbeit begonnen werden. Die Straße wurde bis auf einige Kleinigkeiten dieses Jahr noch fertig. Dann gab es keine Arbeit für uns.
IM JAHR 1935/36
In den Jahren 1935/36 wurde die Hansag-Straße gemacht. Da wurden keine heimischen Arbeiter genommen, sondern nur solche, die keine Landarbeiter und arbeitslos waren. Sie kamen aus der Gegend von Hornstein. Da zu wenig Geld vorhanden war, wurde die Straße nicht fertig.
Für uns Landarbeiter war es so, dass wir in der Sommerzeit Arbeit genug hatten. Jeder, der einen Bauern hatte, konnte von Mai bis Ende November arbeiten. Nachher gab es keinen Groschen zu verdienen. So mussten wir im Sommer sehr sparen, dass wir im Winter auch unser Auslangen hatten. Die meisten mussten schon im Februar mit dem Buch einkaufen gehen. Das hieß, dass der Kaufmann alles in dieses Buch einschreiben musste, was wir kauften. So wusste er, wenn wir wieder Geld hatten, wieviel Schulden man bei ihm hatte. Der Kaufmann hatte damit keine Freude. Bei so manchem wollte er nicht aufschreiben, weil sie nie zahlen konnten. Diese schlechten Zeiten dauerten bis zum Jahre 1938.
IM JAHR 1938
Im März waren die deutschen Truppen bei uns einmarschiert. Wir gehörten von nun an zum Deutschen Reich und hießen nicht mehr Österreich, sondern Ostmark.
Bald darauf hatte das Arbeitsamt kundmachen lassen, dass sich jeder, der Arbeit suchte, im Gemeindeamt melden sollte. Sofort haben sich 36 Männer gemeldet. Am nächsten Tag war schon ein Autobus da, der uns nach Tulln brachte. Dort wurde eine neue Donaubrücke gebaut. Da arbeiteten wir bis zur Rübenernte in Tadten. Nach der Rübenernte in Tadten brachte man uns zur Rübenernte ins Marchfeld. Es wurde uns dort sofort gesagt, was uns der Bauer zu zahlen hatte. Sollte einer weniger zahlen, so müssten wir das sofort dem Arbeitsamt melden. Nach der Ernte kamen wir nach München auf einen Hochbau zu der Firma Franz Winkler. Bis Weihnachten waren wir dort, dann bekamen wir 14 Tage Urlaub.
IM JAHR 1939
Wir fuhren wieder zur Arbeit nach München. Im Juli rief mich das Arbeitsamt an, dass ich zur Kornernte nach Tadten müsste. Ich fragte: "Warum gerade ich, es sind ja noch 15 Mann hier?" "Da kann man nichts machen", sagten sie, "nach der Ernte können Sie wieder kommen." So musste ich heimfahren. Im September war es wieder genau so, dass ich allein zur Rübenernte heimfahren musste. Zu Hause musste ich mich beim Arbeitsamt in Frauenkirchen melden. Ich wurde zur Waldarbeit nach Mannersdorf vermittelt. Ich sagte: "Ich fahre dort nicht hin, sondern ich fahre wieder nach München." "Sagen Sie das nicht noch einmal, Herr Janisch, Sie haben dort zu stehen, wohin Sie der Führer schickt." In Mannersorf rodeten wir ungefähr 2 km2 Wald. Dort wurde ein Gelände für Panzerübungen angelegt. Nach 2 Monaten waren wir fertig, wir konnten heimfahren. Zu Hause haben wir uns zu fünft zusammengetan und suchten uns selbst eine Arbeit. Wir fuhren nach Krems, doch dort waren keine Arbeitsplätze frei. Wir suchten weiter, gingen gerade über die Felder der Donau zu. Da sahen wir, wie ein Bagger die Erde abgeschoben hatte. Der Fahrer sagte, dass hier eine Fabrik gebaut werde. Wir gingen sofort in das Büro und fragten um Arbeit. Der Angestellte fragte nach unseren Papieren und sagte, wir könnten gleich mit der Arbeit beginnen. Nach 2 Wochen kamen schon gefangene Polen und Franzosen.
Bei der Weihnachtsfeier wurde die Arbeitsleistung der Einzelnen vorgelesen. Die 5 Burgenländer haben die höchste Leistung erbracht. In der Weihnachtszeit haben wir Urlaub bekommen.
IM JAHR 1942
Ich bekam den Einrückungsbescheid, dass ich am 16. Oktober 1941 um 9 Uhr im Hotel Wimberger mich einzufinden habe. Als ich dort ankam, waren schon einige Hundert beisammen. Dann wurde durch Aufrufen die Anwesenheit kontrolliert.
Mit dem Zug fuhren wir nach Bremen. Dort wurden wir eingekleidet. Dann ging die Fahrt über Holland, Belgien nach Frankreich. An der Küste Lorient war Endstation.
Ich gehörte von nun an zur Marine - Abteilung 807, das war ein Fliegerabwehrkommando mit einer 3,7 Kanone, die einbetoniert war.
Am nächsten Tag fuhren wir noch ein Stück weiter nach Süden zu einer Halbinsel. Dort bekamen wir unsere Ausbildung, die eine Woche dauerte. Dann ging es wieder zurück zur Stellung. Dort war ich fast drei Jahre. In dieser Zeit habe ich von einem Krieg nichts bemerkt.
Erst im Jahre 1944 kam ein amerikanischer Flieger, der Flugblätter abwarf. Darauf wurden die Bewohner der Stadt aufgefordert, diese zu verlassen. Die Leute gingen aber nicht. Am Abend, um 19 Uhr, kam das Flugzeug wieder und warf Brandbomben auf die Stadt. Am nächsten Tag gab's eine Völkerwanderung. Am Abend um die gleiche Zeit wurde die ganze Stadt mit Brandbomben belegt. Die ganze Stadt brannte. Am dritten Tag kamen die Flugzeuge mit Sprengbomben und legten die Stadt in einen Trümmerhaufen. Dann war lange Zeit Ruhe. Nach einem Monat griffen sie unsere Stellung an. Aber die Bomben gingen alle daneben. Von dieser Zeit an waren wir eingeschlossen. Der Feind wollte uns aushungern, aber wir wurden von der Luft aus mit Lebensmitteln und Munition versorgt.
Dort blieben wir bis 1945. Dann kamen wir auf eine Insel mit einem Leuchtturm. Dort war ein Franzose, der den Leuchtturm bediente. Kaum waren vierzehn Tage dort, bekamen wir schon die Nachricht, dass der Amerikaner im Anmarsch sei. Wir mussten uns zurückziehen.
Wir kamen von der Insel weg in die nahegelegene Stadt. Diese war der größte Fischereihafen Frankreichs. In dieser Stadt war eine Zitadelle. Dort stellten wir unsere Kanonen auf. Nach 14 Tagen griffen uns die Partisanen an. Wir hatten durch unsere Stellung aber eine gute Übersicht. Mit unserem dritten Schuss mussten wir einen Volltreffer gelandet haben, denn von diesem Tag an rührten sie sich nicht mehr.
Da ein Großangriff zu erwarten war, bekamen wir den Befehl, uns auf ein Schiff zu begeben. Da habe ich erkannt, dass es mit uns abwärts ging. Als wir auf dem Schiff waren, kam ein Aufklärer, der Bomben abwarf. Er wurde aber von der Schiffsbesatzung abgeschossen.
In einer Stadt wurden wir abgeladen. Dort blieben wir, bis eines Tages der Zugsführer sagte: "Der Krieg ist vorbei!" Es war der 5. Mai 1945. Wir wollten es nicht glauben, doch dann hörten wir die Glocken läuten.
IM JAHR 1945
Am 6. Mai sagte unser Zugsführer, dass wir nun Gefangene der Franzosen sein werden. Wir sollten unsere Gewehre mitnehmen, damit wir sie abgeben konnten. Sonst brauchten wir nichts mitnehmen, denn es würden uns die Franzosen ohnehin alles wegnehmen. Die Franzosen führten uns durch die Stadt. Die Leute standen Spalier und riefen: "Warum singt's denn nicht jetzt "Heidi, heido?", denn jeden Tag, wenn wir deutsche Soldaten durch ihre Stadt marschierten, hatten wir dieses Lied gesungen.
Sie führten uns auf eine Wiese. Es war schon Nacht, als wir dorthin kamen. Wir mussten uns hinlegen. Wer sich nicht gleich hinlegte, wurde sofort umgestoßen. Dann begannen sie uns auszuplündern. Sie nahmen uns alles, was wir hatten (Uhren, Ringe, Geld, Messer ...), weg.
Dort waren wir zwei Tage, dann kamen wir in eine Baracke. Nach zwei Tagen hatten wir schon Läuse. Diese Viecher ließen uns nicht schlafen. Dort blieben wir ein Monat, dann kamen wir in ein Heim. Dort waren wir den ganzen Juni. Da mussten jeden Tag 30 Mann Brennnessel sammeln gehen, das war dann unser Nachtmahl. Es kam noch ein Löffel Kristallzucker dazu. Das war für den ganzen Tag. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir diesen Monat kein Klosett gebraucht haben.
Im Monat Juli wurden wir zur Arbeit eingeteilt. Wir mussten alle Munition einsammeln, die bei unseren Stellungen lagen. Mit Autos wurde sie auf den Bahnhof gebracht und in Waggons verladen. Die Waggons wurden dann von uns, wenn sie auf der Wiese ankamen, sofort wieder entladen. Jeden Tag verluden wir ungefähr drei bis vier Waggons Munition. Das dauerte die Monate Juli und August.
Nun kamen wir in das Sammellager Fleury. Dort wurde uns gesagt, dass wir zu Weihnachten heimfahren dürften. Doch es wurde nichts daraus. In diesem Lager waren 3.000 Österreicher und 10.000 Deutsche beisammen. Es gab keine Baracke, sondern wir hausten in Erdlöchern. In so einem Loch waren 7 Mann darinnen. Es war mit einer Zeltplane überdeckt. So hausten wir vom September 1946 bis März 1947. In diesen 7 Monaten bekamen wir sonst nichts als eine Krautsuppe und 1 kg Brot für sieben Mann und in der Früh einen schwarzen Kaffee ohne Zucker. Der größte Kampf war immer beim Brotverteilen. Einer hat sich immer benachteiligt gefühlt. So erfand einer eine Waage, dass wir das Brot ganz genau bis auf die Brösel teilen konnten.
Am 10. März war es endgültig so weit, dass wir Österreicher heimfahren durften, die Deutschen mussten noch 1 Jahr bleiben. Wir mussten jeder ins Büro. Dort wurden wir gefragt, wo wir geboren wären. Ich sagte, weil ich eine Angst hatte noch dortbleiben zu müssen: "Ich bin in Bachwietz geboren, wo das liegt weiß ich nicht." Der Dolmetscher sagte ihm: "Es gibt so ein Dorf, dort könnten die meisten Leute nicht lesen und schreiben. So bin ich durchgekommen. Am nächsten Tag gings zum Bahnhof. Wir fuhren durch die Schweiz. Da mussten die französischen Soldaten die Gewehre an der Grenze abgeben. Als wir die Schweiz wieder verließen, bekamen sie die Gewehre zurück. Bei der russischen Zone durften wir nicht weiter. Dort gingen wir zum Onkel vom Hautzinger Josef, den ich dort getroffen habe. Nach acht Tagen fuhren wir nach Wien. Dort bekamen wir unseren Entlassungsschein. Zuerst aber wurden wir entlaust. Von Wien fuhren wir mit dem Milchauto auf den Kannen sitzend heim. Es war der 20. März 1946 als wir nach Tadten kamen.