Vor Agenten wird gewarnt!
Schon um 1850 werben Agenten für die Amerikawanderung. Dieses Werben will man aber verbieten. Darauf macht ein Schreiben des Komitatsvorstandes an den Magistrat in Rust und in Eisenstadt aufmerksam: ,,Man ist in neuerer Zeit in einem Theile der Monarchie auf die Spur von Umtrieben zur Anregung der Auswanderungslust nach Amerika gekommen. Diese Agitationen gehen von einem Komitee aus, welches durch Agenten und verlockende Druckschriften die Lust zur Auswanderung zu befördern abzielt. Zufolge Erlasses der k.k. Distriktsregierung vom 3.9. Zahl 7912 beauftrage ich demnach die nöthigen Einleitungen zu treffen, damit die Thätigkeit von Auswanderungsagenten sowie die Verbreitung von Druckschriften, welche dahin abzielen, zur Auswanderung durch falsche Vorspiegelungen anzuregen, strengstens überwacht und einem sogenannten Treiben ernstlich gesteuert werde."
Ödenburg den 23. September 1852
"Aus verläßlicher Quelle erhalten wir nachstehende Zahlen über die aus dem Neusiedler Bezirke vom Jahre 1860 bis 1893 ausgewanderten Personen. Ausgewandert sind aus Banfalu (Apetlon) 423, aus Beratfalu (Mönchhof) 84, aus Boldogaszony (Frauenkirchen) 73, C. -Köbanya (Kaiser Steinbruch) 1, aus Feltorony (Halbturn) 388, aus Galos (Gols) 322, aus lllmitz 273, aus Neszider (Neusiedl am See) 55, aus Parndorf 101, aus Patlalu (Podersdorf) 147, aus Pomogy (Pamhagen) 629 und aus Vedeny (Weiden) 29, zusammen 3004 Personen".
Neusiedler Wochenzeitung, 1894
... nach Amerika
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts boten landwirtschaftliche Saisonarbeit und industrielle Wanderarbeit nur einem kleinen Teil der Bevölkerung des heutigen Burgenlandes eine Lebensgrundlage. Deshalb verließen Menschen ihre Dörfer, um der drückenden Armut zu entfliehen. Sie wanderten aus; die meisten in die Vereinigten Staaten von Amerika.
Die ersten Überseewanderer verließen einzeln oder in kleinen Gruppen ihre Heimat. Sie zogen weit in den amerikanischen Kontinent hinein, bis nach Kansas, Nebraska oder Dakota. Hier bauten sie sich - oft nahe an der damaligen Grenze zum Indianerland - ihre Farmen auf.
Ein besonders interessantes Beispiel für die frühe Amerikawanderung ist Josef Haider aus Walbersdorf: Er zieht zu seinem 53-jährigen Bruder, der Witwer und kinderlos ist. Dieser Bruder muss allerdings schon mehr als ein Jahrzehnt in Amerika gewesen sein. Er besitzt nämlich zwei Häuser, 160 Joch Ackerland und 80 Joch Wald! Josef Haider soll all dies erben. Deshalb sucht dieser beim Stuhlrichteramt in Mattersdorf um Erlaubnis zur Auswanderung an. Aus seinem Ansuchen ist folgendes zu entnehmen: Er, Josef Haider, besitzt in Walbersdorf ein Söllnerhaus. Dieses verkauft er, um u.a. die Reisekosten abzudecken. Er möchte über Bremen auswandern, wo er im Hafen einen Brief seines Bruders mit Geld erhalten wird. Josef Haider ist 40 Jahre alt, Familienvater von vier unversorgten Kindern und von Beruf Zimmermann. Er hat ein geschätztes Vermögen von 6000 Gulden und keinerlei Schulden, was ihm von seiner Gemeinde bestätigt wird. - Die Behörden reagieren rasch. Schon am 12. Juni 1855 unterzeichnet er in Ödenburg die notwendigen Dokumente - auch die Verzichtserklärung auf das Staatsbürgerrecht! Er nimmt den begehrten Paß in Empfang und verlässt wenig später mit seiner Frau Theresia und den minderjährigen Kindern Elisabeth, Theresia, Maria und Michael seine Heimat.
Zwischen 1870 und 1890 begann die Amerikawanderung allmählich größere Ausmaße anzunehmen. Der Auswanderungsstrom nach Amerika erfasste zuerst das nördliche, dann das mittlere und zuletzt das südliche Burgenland. - Der Geograph und hervorragende Kenner der Güssinger Landschaft, Ludwig Graupner, schreibt dazu:
Die Auswanderung nach Amerika erfolgte fast ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen. Die zunehmende Überbevölkerung seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts führte nach und nach zu einer Notlage der wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsschichten. Es waren dies die Klein- und Berghäusler, die Kleinbauern und deren zahlreiche Kinder. Die Landschaft war um 1869 mit Menschen so übersättigt, dass für die steigende Einwohnerzahl die Lebensgrundlage fehlte. Der vorhandene Raum und landwirtschaftlich nutzbare Boden waren aufgebraucht, Siedlungsmöglichkeiten waren nicht mehr vorhanden, das Gewerbe konnte nur einer verhältnismäßig geringen, weit unter dem Bevölkerungsüberschuss liegenden Anzahl von Einwohnern Verdienstmöglichkeiten bieten; Industrien, die fähig gewesen wären, größeren Menschenmassen Arbeit zu geben, fehlten vollständig. Es blieb daher kein Ausweg, um leben zu können, als auf Saisonarbeit zu gehen oder auszuwandern. Dabei waren weniger Gefühlsmomente oder Neigungen maßgebend, sondern das harte Muß. Die hohe Kinderzahl verschärfte diese Lage in steigendem Maße. So wagten denn die Ersten, unter Verwendung ihrer letzten Groschen zur Überfahrt, den groben Versuch und fuhren in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die ersten Auswanderer lockten andere nach und so kam die Lawine ins Rollen.
Um 1890 begann die Amerikawanderung schlagartig anzusteigen und entwickelte sich bis zum Ersten Weltkrieg zu einer Massenauswanderung. Ein richtiges Auswanderungsfieber erfasste die Dörfer. War die frühe Auswanderung eine Siedlungswanderung, so kann nunmehr diese Auswanderungswelle als Industriewanderung bezeichnet werden. Einwanderer aus dem heutigen Burgenland ließen sich nun als Industriearbeiter in Chicago, Pennsylvania und auch in New York nieder.
Neben den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen der Massenauswanderung ist auch die Tätigkeit der deutschen Schifffahrtsgesellschaften erwähnenswert. Sie betrieben geschickte Propaganda. Ihr Agentennetz erfasste fast jedes Dorf und für viele gaben die Agenten den letzten Anstoß zur Auswanderung.
Bis 1914 wanderten rund 30.000 Burgenländer nach Übersee aus. Allerdings war auch die Zahl der Rückwanderer beträchtlich. Rund 5000 kamen wieder in ihre Heimat zurück. Viele wollten einige Jahre in Amerika Geld verdienen, um dann ihr Erspartes in der heimischen Landwirtschaft oder in einem Gewerbe zu investieren.
Für viele Auswanderer wurde Ellis Island zur ,,Insel der Tränen", denn im Hafen von New York angekommen zu sein, bedeutete noch lange nicht, das gelobte Ziel erreicht zu haben. Die amerikanischen Einwanderungsbehörden hatten auf einer kleinen Insel vor New York einen festungsartigen Bau errichtet. Hier mussten die Einwanderer die verschiedensten Fragen beantworten und sich einer strengen medizinischen Untersuchung stellen. Nicht wenige wurden abgewiesen und hatten die bittere Rückreise anzutreten!
Johann Rießner ca. 1905 - Der gelernte Schlosser aus Pamhagen wanderte 1882 nach Amerika aus. Er war damals 26 Jahre alt, noch keine drei Jahre verheiratet und Vater zweier Kinder - Erste Station war Minneapolis, wo sich Rießner 26 Jahre als Maschinist verdingte. 1908 übersiedelte er nach San Francisco, wo er sechs Jahre lang als Nachtportier im "Bismark-Cafe" arbeitete. 1914 ging Rießner nach Oakland, doch dürfte er hier nicht mehr erwerbstätig gewesen sein. 1939 starb er hochbetagt in "Malerika".
Die Gedichte Johann Rießners entdeckte der ebenfalls aus Pamhagen stammende Gymnasialprofessor Hans Pennauer anfangs der 1970er Jahre.
"Dorthin möchte'" ich gerne wandern,
Wo die Rebe Trauben trägt,
Wo ein Mensch noch liebt den andern,
Dem ein Herz im Busen schlägt.
Dorthin möchte' ich gerne gehen,
Wo der See die Wolken küßt
Wo beim Sonnenuntergehen
Man mit Gott sein Tagwerk schließt.
Doch - mein Grab wird man mir bauen
hier am stillen Meeresstrand,
Dich werd ich wohl nie mehr schauen
Heißgeliebtes Ungarland!"
Aus: "Heimweh", (1908)
Quelle: "Geschichte des Burgenlandes"
Ausschnitte aus der Neusiedler Wochenzeitung - 1894
In der zweiten Jahrhunderthälfte des 19. Jahrhunderts breitete sich die Auswanderungswelle durch Ungarn aus. Besonders betroffen war der Seewinkel, der sich gerade in einer schweren Wirtschaftskrise befand. Daher setzt im Seewinkel die Auswanderung um 1870 schlagartig und im großen Umfang ein. Zu jener Zeit gab es zahlreiche Missernten, der Neusiedler See trocknete aus und die Steuerlast war erdrückend. Dazu gab es eine Mäuseplage in den Jahren 1873 und 1874. Um das Maß voll zu machen, gab es am 9.7.1875 einen verheerenden Hagel, der die Kulturen vernichtete. Die Folge war eine unvorstellbare Hungersnot. Ein Spruch aus dieser Zeit lautet: „Bei Ümitz (Illmitz) und Obadlau (Apetlon) faungt si da Hunga aon.“
Neben den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen der Massenauswanderung ist auch die Tätigkeit der deutschen Schifffahrtsgesellschaften erwähnenswert. Sie betrieben geschickte Propaganda. Ihr Agentennetz erfasste fast jedes Dorf und für viele gaben die Agenten den letzten Anstoß zur Auswanderung.
Schon um 1850 werben Agenten für die Amerikawanderung. Dieses Werben will man aber verbieten. Darauf macht ein Schreiben des Komitatsvorstandes an den Magistrat in Rust und in Eisenstadt aufmerksam: ,,Man ist in neuerer Zeit in einem Theile der Monarchie auf die Spur von Umtrieben zur Anregung der Auswanderungslust nach Amerika gekommen. Diese Agitationen gehen von einem Komitee aus, welches durch Agenten und verlockende Druckschriften die Lust zur Auswanderung zu befördern abzielt. Zufolge Erlasses der k.k. Distriktsregierung vom 3.9. Zahl 7912 beauftrage ich demnach die nöthigen Einleitungen zu treffen, damit die Thätigkeit von Auswanderungsagenten sowie die Verbreitung von Druckschriften, welche dahin abzielen, zur Auswanderung durch falsche Vorspiegelungen anzuregen, strengstens überwacht und einem sogenannten Treiben ernstlich gesteuert werde."
Ödenburg den 23. September 1852
"Aus verläßlicher Quelle erhalten wir nachstehende Zahlen über die aus dem Neusiedler Bezirke vom Jahre 1860 bis 1893 ausgewanderten Personen. Ausgewandert sind aus Banfalu (Apetlon) 423, aus Beratfalu (Mönchhof) 84, aus Boldogaszony (Frauenkirchen) 73, C. -Köbanya (Kaiser Steinbruch) 1, aus Feltorony (Halbturn) 388, aus Galos (Gols) 322, aus lllmitz 273, aus Neszider (Neusiedl am See) 55, aus Parndorf 101, aus Patlalu (Podersdorf) 147, aus Pomogy (Pamhagen) 629 und aus Vedeny (Weiden) 29, zusammen 3004 Personen".
Neusiedler Wochenzeitung, 1894
... nach Amerika
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts boten landwirtschaftliche Saisonarbeit und industrielle Wanderarbeit nur einem kleinen Teil der Bevölkerung des heutigen Burgenlandes eine Lebensgrundlage. Deshalb verließen Menschen ihre Dörfer, um der drückenden Armut zu entfliehen. Sie wanderten aus; die meisten in die Vereinigten Staaten von Amerika.
Die ersten Überseewanderer verließen einzeln oder in kleinen Gruppen ihre Heimat. Sie zogen weit in den amerikanischen Kontinent hinein, bis nach Kansas, Nebraska oder Dakota. Hier bauten sie sich - oft nahe an der damaligen Grenze zum Indianerland - ihre Farmen auf.
Ein besonders interessantes Beispiel für die frühe Amerikawanderung ist Josef Haider aus Walbersdorf: Er zieht zu seinem 53-jährigen Bruder, der Witwer und kinderlos ist. Dieser Bruder muss allerdings schon mehr als ein Jahrzehnt in Amerika gewesen sein. Er besitzt nämlich zwei Häuser, 160 Joch Ackerland und 80 Joch Wald! Josef Haider soll all dies erben. Deshalb sucht dieser beim Stuhlrichteramt in Mattersdorf um Erlaubnis zur Auswanderung an. Aus seinem Ansuchen ist folgendes zu entnehmen: Er, Josef Haider, besitzt in Walbersdorf ein Söllnerhaus. Dieses verkauft er, um u.a. die Reisekosten abzudecken. Er möchte über Bremen auswandern, wo er im Hafen einen Brief seines Bruders mit Geld erhalten wird. Josef Haider ist 40 Jahre alt, Familienvater von vier unversorgten Kindern und von Beruf Zimmermann. Er hat ein geschätztes Vermögen von 6000 Gulden und keinerlei Schulden, was ihm von seiner Gemeinde bestätigt wird. - Die Behörden reagieren rasch. Schon am 12. Juni 1855 unterzeichnet er in Ödenburg die notwendigen Dokumente - auch die Verzichtserklärung auf das Staatsbürgerrecht! Er nimmt den begehrten Paß in Empfang und verlässt wenig später mit seiner Frau Theresia und den minderjährigen Kindern Elisabeth, Theresia, Maria und Michael seine Heimat.
Zwischen 1870 und 1890 begann die Amerikawanderung allmählich größere Ausmaße anzunehmen. Der Auswanderungsstrom nach Amerika erfasste zuerst das nördliche, dann das mittlere und zuletzt das südliche Burgenland. - Der Geograph und hervorragende Kenner der Güssinger Landschaft, Ludwig Graupner, schreibt dazu:
Die Auswanderung nach Amerika erfolgte fast ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen. Die zunehmende Überbevölkerung seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts führte nach und nach zu einer Notlage der wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsschichten. Es waren dies die Klein- und Berghäusler, die Kleinbauern und deren zahlreiche Kinder. Die Landschaft war um 1869 mit Menschen so übersättigt, dass für die steigende Einwohnerzahl die Lebensgrundlage fehlte. Der vorhandene Raum und landwirtschaftlich nutzbare Boden waren aufgebraucht, Siedlungsmöglichkeiten waren nicht mehr vorhanden, das Gewerbe konnte nur einer verhältnismäßig geringen, weit unter dem Bevölkerungsüberschuss liegenden Anzahl von Einwohnern Verdienstmöglichkeiten bieten; Industrien, die fähig gewesen wären, größeren Menschenmassen Arbeit zu geben, fehlten vollständig. Es blieb daher kein Ausweg, um leben zu können, als auf Saisonarbeit zu gehen oder auszuwandern. Dabei waren weniger Gefühlsmomente oder Neigungen maßgebend, sondern das harte Muß. Die hohe Kinderzahl verschärfte diese Lage in steigendem Maße. So wagten denn die Ersten, unter Verwendung ihrer letzten Groschen zur Überfahrt, den groben Versuch und fuhren in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die ersten Auswanderer lockten andere nach und so kam die Lawine ins Rollen.
Um 1890 begann die Amerikawanderung schlagartig anzusteigen und entwickelte sich bis zum Ersten Weltkrieg zu einer Massenauswanderung. Ein richtiges Auswanderungsfieber erfasste die Dörfer. War die frühe Auswanderung eine Siedlungswanderung, so kann nunmehr diese Auswanderungswelle als Industriewanderung bezeichnet werden. Einwanderer aus dem heutigen Burgenland ließen sich nun als Industriearbeiter in Chicago, Pennsylvania und auch in New York nieder.
Neben den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen der Massenauswanderung ist auch die Tätigkeit der deutschen Schifffahrtsgesellschaften erwähnenswert. Sie betrieben geschickte Propaganda. Ihr Agentennetz erfasste fast jedes Dorf und für viele gaben die Agenten den letzten Anstoß zur Auswanderung.
Bis 1914 wanderten rund 30.000 Burgenländer nach Übersee aus. Allerdings war auch die Zahl der Rückwanderer beträchtlich. Rund 5000 kamen wieder in ihre Heimat zurück. Viele wollten einige Jahre in Amerika Geld verdienen, um dann ihr Erspartes in der heimischen Landwirtschaft oder in einem Gewerbe zu investieren.
Für viele Auswanderer wurde Ellis Island zur ,,Insel der Tränen", denn im Hafen von New York angekommen zu sein, bedeutete noch lange nicht, das gelobte Ziel erreicht zu haben. Die amerikanischen Einwanderungsbehörden hatten auf einer kleinen Insel vor New York einen festungsartigen Bau errichtet. Hier mussten die Einwanderer die verschiedensten Fragen beantworten und sich einer strengen medizinischen Untersuchung stellen. Nicht wenige wurden abgewiesen und hatten die bittere Rückreise anzutreten!
Johann Rießner ca. 1905 - Der gelernte Schlosser aus Pamhagen wanderte 1882 nach Amerika aus. Er war damals 26 Jahre alt, noch keine drei Jahre verheiratet und Vater zweier Kinder - Erste Station war Minneapolis, wo sich Rießner 26 Jahre als Maschinist verdingte. 1908 übersiedelte er nach San Francisco, wo er sechs Jahre lang als Nachtportier im "Bismark-Cafe" arbeitete. 1914 ging Rießner nach Oakland, doch dürfte er hier nicht mehr erwerbstätig gewesen sein. 1939 starb er hochbetagt in "Malerika".
Die Gedichte Johann Rießners entdeckte der ebenfalls aus Pamhagen stammende Gymnasialprofessor Hans Pennauer anfangs der 1970er Jahre.
"Dorthin möchte'" ich gerne wandern,
Wo die Rebe Trauben trägt,
Wo ein Mensch noch liebt den andern,
Dem ein Herz im Busen schlägt.
Dorthin möchte' ich gerne gehen,
Wo der See die Wolken küßt
Wo beim Sonnenuntergehen
Man mit Gott sein Tagwerk schließt.
Doch - mein Grab wird man mir bauen
hier am stillen Meeresstrand,
Dich werd ich wohl nie mehr schauen
Heißgeliebtes Ungarland!"
Aus: "Heimweh", (1908)
Quelle: "Geschichte des Burgenlandes"
Ausschnitte aus der Neusiedler Wochenzeitung - 1894
In der zweiten Jahrhunderthälfte des 19. Jahrhunderts breitete sich die Auswanderungswelle durch Ungarn aus. Besonders betroffen war der Seewinkel, der sich gerade in einer schweren Wirtschaftskrise befand. Daher setzt im Seewinkel die Auswanderung um 1870 schlagartig und im großen Umfang ein. Zu jener Zeit gab es zahlreiche Missernten, der Neusiedler See trocknete aus und die Steuerlast war erdrückend. Dazu gab es eine Mäuseplage in den Jahren 1873 und 1874. Um das Maß voll zu machen, gab es am 9.7.1875 einen verheerenden Hagel, der die Kulturen vernichtete. Die Folge war eine unvorstellbare Hungersnot. Ein Spruch aus dieser Zeit lautet: „Bei Ümitz (Illmitz) und Obadlau (Apetlon) faungt si da Hunga aon.“
Neben den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen der Massenauswanderung ist auch die Tätigkeit der deutschen Schifffahrtsgesellschaften erwähnenswert. Sie betrieben geschickte Propaganda. Ihr Agentennetz erfasste fast jedes Dorf und für viele gaben die Agenten den letzten Anstoß zur Auswanderung.
In dieser Zeit der großen Hungersnot wanderten 1870 Josef Halbauer, geb.1840, mit seiner Frau Theresia Summer und seinem Sohn Andreas,
geb.1864, von Wallern nach Amerika aus. Andreas fuhr nach Amerika als blinder Passagier. Josef und seine Familie siedelten sich in St.
Martin an. Bis zur Jahrhundertwende sind
mindestens 85 Bewohner aus Wallern in den mittleren Westen gezogen. Aus
Wallern stammt auch der bisher bekannte früheste Auswanderer nach
Kanada, Heinrich Schneider, der sich 1902 in Regina niedergelassen hat.
Nach ihm gibt es nur wenige, die noch vor dem Ersten Weltkrieg nach
Kanada ausgewandert sind. Die eigentliche Kanada-Wanderung beginnt
1924, als die Einwanderung in die USA gesetzlich stark eingeschränkt
wurde. Die Auswanderer zogen damals nach WestKanada, die späteren
Auswanderer der 50er Jahre meistens nach Toronto.
Mit der Auswanderung aus Wallern und Illmitz hat die Amerikawanderung in den Jahren 1869/70 aus dem Seewinkel begonnen. Die wesentlichen Ursachen dafür waren die Austrocknung des Neusiedler Sees, viele Missernten, der Steuerdruck, später auch die Mäuseplage auf den Feldern und die Reblaus. Zahlenmäßig zählt Wallern zusammen mit Illmitz zu den grossen Auswanderergemeinden des Burgenlandes.
Quellenmäßig belegt wanderten bis 1880 insgesamt 29 aus, zwischen 1881 - 1890 waren es 270, zwischen 1891 - 1900 wanderten 223 aus und zwischen 1900 -1910 stieg die Zahl sogar auf 369.
Die zweite große Welle der Auswanderung setzt nach dem 1. Weltkrieg ein und erreichte in den Jahren 1922 und 1923 ihren Höhepunkt. Hauptursache der Auswanderung in der Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg war die allgemeine Wirtschaftskrise und die damit verknüpfte Arbeitslosigkeit. So manche Burgenländer verkauften ihren Besitz, um die Reisekosten zu finanzieren und zogen mit der ganzen Familie weg. Andere ließen ihre Familien zurück, um sie später nachkommen zu lassen. Wahrscheinlich wären noch viel mehr Burgenländer nach Amerika ausgewandert, wenn nicht die amerikanischen Behörden für jeden Staat eine Quote für einwanderungswillige Personen festgelegt hätten. Voraussetzung war aber, dass jeder Einreisewillige dem US-Konsulat in Wien eine eidesstattliche Erklärung eines in den USA lebenden Verwandten vorweisen konnte. Darin musste sich der Verwandte verpflichten, für den Einwanderer zu sorgen und gegebenenfalls die Kosten der Rückreise zu übernehmen. So richtete sich der Hauptstrom der Amerikawanderer in jene US-Bundesstaaten, in denen sich schon viele Burgenländer in der Vorkriegszeit niedergelassen hatten.
Durch die restriktiven Einwanderungsbestimmungen der Vereinigten Staaten von Amerika waren die neuen Zielgebiete burgenländischer Amerikawanderer nun der Westen Kanadas und die Küstengebiete Argentiniens und Brasiliens. In dieser zweiten Phase vollzieht sich fast die gesamte Südamerikawanderung der Zwischenkriegszeit.
1929 wurde die Einwanderung nach Kanada durch Einwanderungsbeschränkungen ebenfalls gestoppt.
Auswanderung nach Südamerika
Nach dem ersten Weltkrieg wanderten Franz und Maria Wieger nach Südamerika, Argentinien aus. Ihr Weg führte über Deutschland nach Bremen, von wo sie mit dem Schiff nach Buenos Aires, Argentinien fuhren.
Die Eintragung in der Passagierliste zeigt das Datum des 2. September 1922. Der Name des Schiffes war 'Gotha'. Franz und Maria Wieger wanderten gemeinsam mit ihren 2 Kindern Magdalena und Franz nach Buenos Aires aus.
Mit ihnen waren noch andere Wallerner auf dem Schiff:
Gelbmann Heinrich, Fleischhacker Josef, Perlinger Josef und Anna mit Kinder, Fleischhacker Johann, Gelbmann Heinrich, Illy Rosalia, Unger Balthasar, Koppi Nikolaus und Katharina, Denk Andreas und Popp Martin.
Zwischen 1922 und 1934 wanderten insgesamt 59 Wallerner/innen nach Argentinien aus. (Quelle: Atlas-Burgenland.at und Bremen Staatsarchiv; http://www.die-maus-bremen.de)
Alcuin Deutsch
Josef und Anna Deutsch wanderten 1881 nach St. Paul, Minnesota aus. Sie zählten zu den frühen Auswanderern aus dem Seewinkel. Ihr Sohn Heinrich Deutsch, geboren am 13. Februar 1877, war gerade erst 4 Jahre alt. In Amerika besuchte er die Assumption Schule in St. Paul, Minnesota, und studierte dann an der St. John's Universität in Collegeville. Nach dem Abschluss 1896 trat er in das Noviziat der Benediktiner ein und nahm den Namen Alkuin an. Er studierte in Rom, wurde 1902 zum Priester geweiht und promovierte 1903 zum Doktor der Theologie. In dieser Zeit unternahm er in den Sommerferien ausgedehnte Reisen durch ganz Europa. Am 29. Dezember 1921 wurde Alkuin Deutsch zum 5. Abt von St. John‘s Abby und zum Präsident der Universität St. John gewählt. Er hat sich als großer Organisator einen Namen gemacht und baute St. John zum liturgischen Zentrum von ganz Amerika aus, wie er überhaupt als Begründer der liturgischen Bewegung Amerikas gilt. Im Jahre 1937 galt er auch als aussichtsreicher Kandidat bei der Wahl eines Abtprimas, des obersten aller Benediktineräbte in der Welt. Er wurde aber nicht gewählt. Alkuin war bei seinen wiederholten Rombesuchen immer wieder in sein Heimatdorf Wallern gekommen. Er hat viel zum Kirchenbau beigetragen und auch den in Amerika in Not geratenen Landsleuten geholfen. Deswegen wurde ihm 1937 auch die Ehrenbürgerschaft von Wallern verliehen. Am 19. Oktober 1950 legte er aus gesundheitlichen Gründen als Abt von St. John’s sein Amt nieder. Er starb am 12. Mai 1951 in seiner einfachen Mönchszelle. Die Bibliothek der Universität St. John trägt noch heute seinen Namen.
Alle bisher beschriebenen Erstauswanderungen fallen noch in die Zeit der „old immigration“, wie man diese in Amerika nennt. In dieser Zeit sind die Auswanderer aus unserer Gegend so weit wie möglich nach Westen bis an die „frontier“, die Indianergrenze, gezogen. Diese lag im Mittelwesten im Bereich der heutigen Bundesstaaten Kansas, Texas, Minnesota, Dakota und Ohio. Sie haben dort noch freies Land vorgefunden und - oft nahe an der damaligen Grenze zum Indianerland - ihre Farmen angelegt.
In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts war das gesamte Gebiet der heutigen USA bereits aufgeteilt. Die Einwanderer ab 1890 konnten also nicht mehr so günstig siedeln und suchten daher Arbeit in den Fabriken, begünstigt durch den Umstand, dass in jener Zeit gerade die Industrialisierung im Osten der USA einsetzte. Die Einwanderer zogen daher nicht mehr so weit nach Westen, sondern siedelten bereits in Chicago, Pennsylvania und New York. Diese Zeit wird „new immigration“ bezeichnet.
Pamhagen
Wer aus Pamhagen 1871 wahrscheinlich als erster ausgewandert ist, ist nicht überliefert. Der früheste, von dem man den Namen kennt, war Stefan Lentsch (1857), der 1880 nach Stearns County/Minnesota kam. Aus Pamhagen zog im Jahre 1882 der 1856 geborene Johann Riessner nach Minneapolis. Er hat seine Sehnsucht nach der alten Heimat in vielen Gedichten niedergeschrieben (siehe Seite 10). Johann Riessner gilt als der bedeutendste Dichter unter den Amerikawanderern unseres Landes. Eine weitere Berühmtheit war der am 27.10.1888 in Pamhagen geborene Franz Wenninger. Er war ein Jahr alt, als ihn seine Eltern mit nach Amerika nahmen. Dort wurde er Universitätsprofessor in South Bend.
Apetlon
Im Jahre 1880 wanderten die ersten aus Apetlon nach Amerika aus. Zu ihnen zählte Michael Tschida (1849-1920). Er ist eines von 9 Kindern, im Hause Nr. 183 geboren und heiratete 1879 Theresia Kracher, Nr. 16. Damals war er Korporal einer Pioniereinheit in der ungarischen Armee. 1875 kam Katharina, 1876 Maria, 1877 Martin zur Welt. Mit diesen 3 Kindern und seiner Frau ist er nach Morrison County (Minnesota) ausgewandert. Dort haben sie eine Farm aufgebaut. Zu den 3 mitgebrachten Kindern kamen in Amerika noch weitere 6 Kinder zur Welt. Im selben Jahr ist auch Michael Adrian mit seinen 10 Kindern nach Amerika ausgewandert. Der Volksschullehrer Paul Pinter hat 1951 die Auswanderer von Apetlon aus der Zeit 1880-1930 gezählt und ist dabei auf die stattliche Zahl von 222 Personen gekommen, die miteinander 896 Kinder hatten. Um diese Zeit lebten also mindestens 1.300 Apetloner und deren Kinder in Amerika.
Illmitz
Josef Egermann hat die Menschen gezählt, die von 1869-1974 aus Illmitz abgewandert sind. Dabei kam er auf 1538 Personen. Der Ort zählt heute ca. 2.517 Einwohner. In Zeitabschnitten eingeteilt betragen die Zahlen der Abwanderer: 129 Personen (1869-1880) + 270 (1881-1890) + 223 (1891-1900) + 363 (1900-1910) + 349 (1923-1939) + 204 (1950-1974). Es ist kein Zweifel, dass der überwiegende Teil der Abwanderer nach Amerika gezogen ist. In früheren Jahren war die Abwandererzahl mit der Auswandererzahl fast identisch. Später nimmt der Anteil der Überseewanderer ab. Zu den ersten Amerikawanderern zählte ein gewisser Kisch, der Illmitz 1870 verlassen hat.
St. Andrä
Mit 6 Familienmitgliedern ist der 1811 geborene Josef Schmidt im Jahre 1874 als erster aus
St. Andrä ausgewandert. Er ließ sich in Mc. Gregor (Indiana) nieder. Ein Jahr später fuhr aus St. Andrä Josef Pollreisz mit seiner Familie nach Amerika. Mit dem Schiff „Pomerania“ verließen sie Europa von Hamburg aus. Auch sie siedelten in Mc. Gregor.
Halbturn
Johannes Völligrand, 1825 in Halbturn geboren, zog später nach Hegyeshalom und wanderte von dort 1875 mit seiner Frau Katharina, dem Sohn Janos, der Schwiegertochter Katharina und Enkel Eva-Maria nach Amerika (Iowa) aus. 10 Jahre später folgte ihm John Samson (geb. 1857), der sich in St. Paul/Minnesota niedergelassen hat. Angeblich sollen insgesamt 333 Personen aus Halbturn ausgewandert sein.
Tadten
Bis zur Jahrhundertwende sind mindestens 43 Personen aus Tadten nach Amerika gezogen. Der erste war wahrscheinlich John Opitz (geb.1843), der 1875 ausgewandert ist und sich in St. Martin/Minnesota niedergelassen hat.
Andau
Aus der Gemeinde Andau im Seewinkel ist im Jahre 1882 der im Jahre 1843 geborene Josef Leitner mit seiner um zwei Jahre jüngeren Frau Katharina und 5 Kindern nach Amerika aufgebrochen. Sie ließen sich in Ohio nieder. Zu den frühen Auswanderern zählten noch weitere 3 Personen, zwei hießen Sattler, einer Müller. Sie zogen nach St. Paul.
Nikolaus Wahrmann und seine Frau Anna (Tongisch) verlassen mit ihren 4 Kindern Andau Nr. 180 und kamen mit dem Schiff „Westphalia“ am 31.3.1880 in New York an. Von dort fuhren sie nach Rawlins County (Kansas) weiter, wo sie sich ansiedelten. Gleichzeitig (wahrscheinlich mit demselben Schiff) fuhren Annas Geschwister nach Amerika: Lorenz Tongisch mit Frau Anna (Lang) Nr. 90 mit 3 Kindern; Susanne (Tongisch) mit Ehemann Johannes Sattler Nr. 24 mit 5 Kindern; Andreas Tongisch mit Frau und 2 Kindern. Dazu kamen noch: Anton Weishapl mit Ehefrau Theresia und 4 Kindern sowie Martin Schwarz mit Frau und 2 Kindern. Insgesamt zogen 32 Personen nach Rawlins County.
Aus der Nachbargemeinde Frauenkirchen ist im selben Jahr Matthias Stifter mit Frau und Tochter nach St. Paul gezogen.
Johann Kirchmeier wanderte 1893 von Podersdorf nach Webster (South Dakota) aus. Bis 1923 sind etwa 40 Personen nach Amerika gefahren.
St. Paul
Ist eine Stadt in Minnesota mit bedeutender Einwanderung aus den Gemeinden des burgenländischen Seewinkels, vor allem aus Illmitz, Apetlon, Wallern. Auch die ersten Auswanderer aus Wallern, Josef und Anna Deutsch haben sich zu Beginn der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts dort niedergelassen. Sie hatten auch ihren 1877 geborenen Sohn mitgenommen, der als Abt Alkuin, in St. John (Minnesota) die liturgische Erneuerungsbewegung gegründet hatte. Vor 20 Jahren hatte ein Burgenländer in St. Paul aus den dortigen Telefonbüchern die Teilnehmer herausgesucht, die "Tschida" hießen. Er ist auf 219 Personen gekommen. Nahezu alle von ihnen stammten aus dem Seewinkel. Die tatsächliche Zahl liegt aber höher, weil Tschida ähnlich klingt wie das englische "cheater", welches auf deutsch "Betrüger" heißt. Daher haben zahlreiche Tschida verständlicherweise einen anderen Namen angenommen. Dazu kommen noch jene Frauen, die mit dem Mädchennamen Tschida hießen und diesen dann durch Verheiratung verloren haben. Dies lässt ahnen, wie massiv die Einwanderung von Seewinklern nach St. Paul gewesen sein muss.
Minneapolis
Ist eine Stadt in Minnesota in den USA am Mississippi. Die Stadt ist heute mit St. Paul zu einer Doppelstadt zusammengewachsen. Nach Minneapolis/St. Paul sind vor allem die Auswanderer aus dem Seewinkel gekommen. Auch der bekannte Heimatdichter Johann Riessner aus Pamhagen ließ sich 1882 dort nieder. Er zog später nach San Francisco weiter.
Für viele Auswanderer wurde Ellis Island zur ,,Insel der Tränen", denn im Hafen von New York angekommen zu sein, bedeutete noch lange nicht, das gelobte Ziel erreicht zu haben. Die amerikanischen Einwanderungsbehörden hatten auf einer kleinen Insel vor New York einen festungsartigen Bau errichtet. Hier mussten die Einwanderer die verschiedensten Fragen beantworten und sich einer strengen medizinischen Untersuchung stellen. Nicht wenige wurden abgewiesen und hatten die bittere Rückreise anzutreten!
Quelle: Burgenländische Gemeinschaft: http://www.burgenlaender.com/BG/Zeitung
Quelle: "Die Amerikawanderung der Burgenländer"
Dr. Walter Dujmovits, 1992, 2. verbesserte Auflage, Verlag Desch-Drexler
Mit der Auswanderung aus Wallern und Illmitz hat die Amerikawanderung in den Jahren 1869/70 aus dem Seewinkel begonnen. Die wesentlichen Ursachen dafür waren die Austrocknung des Neusiedler Sees, viele Missernten, der Steuerdruck, später auch die Mäuseplage auf den Feldern und die Reblaus. Zahlenmäßig zählt Wallern zusammen mit Illmitz zu den grossen Auswanderergemeinden des Burgenlandes.
Quellenmäßig belegt wanderten bis 1880 insgesamt 29 aus, zwischen 1881 - 1890 waren es 270, zwischen 1891 - 1900 wanderten 223 aus und zwischen 1900 -1910 stieg die Zahl sogar auf 369.
Die zweite große Welle der Auswanderung setzt nach dem 1. Weltkrieg ein und erreichte in den Jahren 1922 und 1923 ihren Höhepunkt. Hauptursache der Auswanderung in der Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg war die allgemeine Wirtschaftskrise und die damit verknüpfte Arbeitslosigkeit. So manche Burgenländer verkauften ihren Besitz, um die Reisekosten zu finanzieren und zogen mit der ganzen Familie weg. Andere ließen ihre Familien zurück, um sie später nachkommen zu lassen. Wahrscheinlich wären noch viel mehr Burgenländer nach Amerika ausgewandert, wenn nicht die amerikanischen Behörden für jeden Staat eine Quote für einwanderungswillige Personen festgelegt hätten. Voraussetzung war aber, dass jeder Einreisewillige dem US-Konsulat in Wien eine eidesstattliche Erklärung eines in den USA lebenden Verwandten vorweisen konnte. Darin musste sich der Verwandte verpflichten, für den Einwanderer zu sorgen und gegebenenfalls die Kosten der Rückreise zu übernehmen. So richtete sich der Hauptstrom der Amerikawanderer in jene US-Bundesstaaten, in denen sich schon viele Burgenländer in der Vorkriegszeit niedergelassen hatten.
Durch die restriktiven Einwanderungsbestimmungen der Vereinigten Staaten von Amerika waren die neuen Zielgebiete burgenländischer Amerikawanderer nun der Westen Kanadas und die Küstengebiete Argentiniens und Brasiliens. In dieser zweiten Phase vollzieht sich fast die gesamte Südamerikawanderung der Zwischenkriegszeit.
1929 wurde die Einwanderung nach Kanada durch Einwanderungsbeschränkungen ebenfalls gestoppt.
Auswanderung nach Südamerika
Nach dem ersten Weltkrieg wanderten Franz und Maria Wieger nach Südamerika, Argentinien aus. Ihr Weg führte über Deutschland nach Bremen, von wo sie mit dem Schiff nach Buenos Aires, Argentinien fuhren.
Die Eintragung in der Passagierliste zeigt das Datum des 2. September 1922. Der Name des Schiffes war 'Gotha'. Franz und Maria Wieger wanderten gemeinsam mit ihren 2 Kindern Magdalena und Franz nach Buenos Aires aus.
Mit ihnen waren noch andere Wallerner auf dem Schiff:
Gelbmann Heinrich, Fleischhacker Josef, Perlinger Josef und Anna mit Kinder, Fleischhacker Johann, Gelbmann Heinrich, Illy Rosalia, Unger Balthasar, Koppi Nikolaus und Katharina, Denk Andreas und Popp Martin.
Zwischen 1922 und 1934 wanderten insgesamt 59 Wallerner/innen nach Argentinien aus. (Quelle: Atlas-Burgenland.at und Bremen Staatsarchiv; http://www.die-maus-bremen.de)
Alcuin Deutsch
Josef und Anna Deutsch wanderten 1881 nach St. Paul, Minnesota aus. Sie zählten zu den frühen Auswanderern aus dem Seewinkel. Ihr Sohn Heinrich Deutsch, geboren am 13. Februar 1877, war gerade erst 4 Jahre alt. In Amerika besuchte er die Assumption Schule in St. Paul, Minnesota, und studierte dann an der St. John's Universität in Collegeville. Nach dem Abschluss 1896 trat er in das Noviziat der Benediktiner ein und nahm den Namen Alkuin an. Er studierte in Rom, wurde 1902 zum Priester geweiht und promovierte 1903 zum Doktor der Theologie. In dieser Zeit unternahm er in den Sommerferien ausgedehnte Reisen durch ganz Europa. Am 29. Dezember 1921 wurde Alkuin Deutsch zum 5. Abt von St. John‘s Abby und zum Präsident der Universität St. John gewählt. Er hat sich als großer Organisator einen Namen gemacht und baute St. John zum liturgischen Zentrum von ganz Amerika aus, wie er überhaupt als Begründer der liturgischen Bewegung Amerikas gilt. Im Jahre 1937 galt er auch als aussichtsreicher Kandidat bei der Wahl eines Abtprimas, des obersten aller Benediktineräbte in der Welt. Er wurde aber nicht gewählt. Alkuin war bei seinen wiederholten Rombesuchen immer wieder in sein Heimatdorf Wallern gekommen. Er hat viel zum Kirchenbau beigetragen und auch den in Amerika in Not geratenen Landsleuten geholfen. Deswegen wurde ihm 1937 auch die Ehrenbürgerschaft von Wallern verliehen. Am 19. Oktober 1950 legte er aus gesundheitlichen Gründen als Abt von St. John’s sein Amt nieder. Er starb am 12. Mai 1951 in seiner einfachen Mönchszelle. Die Bibliothek der Universität St. John trägt noch heute seinen Namen.
Alle bisher beschriebenen Erstauswanderungen fallen noch in die Zeit der „old immigration“, wie man diese in Amerika nennt. In dieser Zeit sind die Auswanderer aus unserer Gegend so weit wie möglich nach Westen bis an die „frontier“, die Indianergrenze, gezogen. Diese lag im Mittelwesten im Bereich der heutigen Bundesstaaten Kansas, Texas, Minnesota, Dakota und Ohio. Sie haben dort noch freies Land vorgefunden und - oft nahe an der damaligen Grenze zum Indianerland - ihre Farmen angelegt.
In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts war das gesamte Gebiet der heutigen USA bereits aufgeteilt. Die Einwanderer ab 1890 konnten also nicht mehr so günstig siedeln und suchten daher Arbeit in den Fabriken, begünstigt durch den Umstand, dass in jener Zeit gerade die Industrialisierung im Osten der USA einsetzte. Die Einwanderer zogen daher nicht mehr so weit nach Westen, sondern siedelten bereits in Chicago, Pennsylvania und New York. Diese Zeit wird „new immigration“ bezeichnet.
Pamhagen
Wer aus Pamhagen 1871 wahrscheinlich als erster ausgewandert ist, ist nicht überliefert. Der früheste, von dem man den Namen kennt, war Stefan Lentsch (1857), der 1880 nach Stearns County/Minnesota kam. Aus Pamhagen zog im Jahre 1882 der 1856 geborene Johann Riessner nach Minneapolis. Er hat seine Sehnsucht nach der alten Heimat in vielen Gedichten niedergeschrieben (siehe Seite 10). Johann Riessner gilt als der bedeutendste Dichter unter den Amerikawanderern unseres Landes. Eine weitere Berühmtheit war der am 27.10.1888 in Pamhagen geborene Franz Wenninger. Er war ein Jahr alt, als ihn seine Eltern mit nach Amerika nahmen. Dort wurde er Universitätsprofessor in South Bend.
Apetlon
Im Jahre 1880 wanderten die ersten aus Apetlon nach Amerika aus. Zu ihnen zählte Michael Tschida (1849-1920). Er ist eines von 9 Kindern, im Hause Nr. 183 geboren und heiratete 1879 Theresia Kracher, Nr. 16. Damals war er Korporal einer Pioniereinheit in der ungarischen Armee. 1875 kam Katharina, 1876 Maria, 1877 Martin zur Welt. Mit diesen 3 Kindern und seiner Frau ist er nach Morrison County (Minnesota) ausgewandert. Dort haben sie eine Farm aufgebaut. Zu den 3 mitgebrachten Kindern kamen in Amerika noch weitere 6 Kinder zur Welt. Im selben Jahr ist auch Michael Adrian mit seinen 10 Kindern nach Amerika ausgewandert. Der Volksschullehrer Paul Pinter hat 1951 die Auswanderer von Apetlon aus der Zeit 1880-1930 gezählt und ist dabei auf die stattliche Zahl von 222 Personen gekommen, die miteinander 896 Kinder hatten. Um diese Zeit lebten also mindestens 1.300 Apetloner und deren Kinder in Amerika.
Illmitz
Josef Egermann hat die Menschen gezählt, die von 1869-1974 aus Illmitz abgewandert sind. Dabei kam er auf 1538 Personen. Der Ort zählt heute ca. 2.517 Einwohner. In Zeitabschnitten eingeteilt betragen die Zahlen der Abwanderer: 129 Personen (1869-1880) + 270 (1881-1890) + 223 (1891-1900) + 363 (1900-1910) + 349 (1923-1939) + 204 (1950-1974). Es ist kein Zweifel, dass der überwiegende Teil der Abwanderer nach Amerika gezogen ist. In früheren Jahren war die Abwandererzahl mit der Auswandererzahl fast identisch. Später nimmt der Anteil der Überseewanderer ab. Zu den ersten Amerikawanderern zählte ein gewisser Kisch, der Illmitz 1870 verlassen hat.
St. Andrä
Mit 6 Familienmitgliedern ist der 1811 geborene Josef Schmidt im Jahre 1874 als erster aus
St. Andrä ausgewandert. Er ließ sich in Mc. Gregor (Indiana) nieder. Ein Jahr später fuhr aus St. Andrä Josef Pollreisz mit seiner Familie nach Amerika. Mit dem Schiff „Pomerania“ verließen sie Europa von Hamburg aus. Auch sie siedelten in Mc. Gregor.
Halbturn
Johannes Völligrand, 1825 in Halbturn geboren, zog später nach Hegyeshalom und wanderte von dort 1875 mit seiner Frau Katharina, dem Sohn Janos, der Schwiegertochter Katharina und Enkel Eva-Maria nach Amerika (Iowa) aus. 10 Jahre später folgte ihm John Samson (geb. 1857), der sich in St. Paul/Minnesota niedergelassen hat. Angeblich sollen insgesamt 333 Personen aus Halbturn ausgewandert sein.
Tadten
Bis zur Jahrhundertwende sind mindestens 43 Personen aus Tadten nach Amerika gezogen. Der erste war wahrscheinlich John Opitz (geb.1843), der 1875 ausgewandert ist und sich in St. Martin/Minnesota niedergelassen hat.
Andau
Aus der Gemeinde Andau im Seewinkel ist im Jahre 1882 der im Jahre 1843 geborene Josef Leitner mit seiner um zwei Jahre jüngeren Frau Katharina und 5 Kindern nach Amerika aufgebrochen. Sie ließen sich in Ohio nieder. Zu den frühen Auswanderern zählten noch weitere 3 Personen, zwei hießen Sattler, einer Müller. Sie zogen nach St. Paul.
Nikolaus Wahrmann und seine Frau Anna (Tongisch) verlassen mit ihren 4 Kindern Andau Nr. 180 und kamen mit dem Schiff „Westphalia“ am 31.3.1880 in New York an. Von dort fuhren sie nach Rawlins County (Kansas) weiter, wo sie sich ansiedelten. Gleichzeitig (wahrscheinlich mit demselben Schiff) fuhren Annas Geschwister nach Amerika: Lorenz Tongisch mit Frau Anna (Lang) Nr. 90 mit 3 Kindern; Susanne (Tongisch) mit Ehemann Johannes Sattler Nr. 24 mit 5 Kindern; Andreas Tongisch mit Frau und 2 Kindern. Dazu kamen noch: Anton Weishapl mit Ehefrau Theresia und 4 Kindern sowie Martin Schwarz mit Frau und 2 Kindern. Insgesamt zogen 32 Personen nach Rawlins County.
Aus der Nachbargemeinde Frauenkirchen ist im selben Jahr Matthias Stifter mit Frau und Tochter nach St. Paul gezogen.
Johann Kirchmeier wanderte 1893 von Podersdorf nach Webster (South Dakota) aus. Bis 1923 sind etwa 40 Personen nach Amerika gefahren.
St. Paul
Ist eine Stadt in Minnesota mit bedeutender Einwanderung aus den Gemeinden des burgenländischen Seewinkels, vor allem aus Illmitz, Apetlon, Wallern. Auch die ersten Auswanderer aus Wallern, Josef und Anna Deutsch haben sich zu Beginn der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts dort niedergelassen. Sie hatten auch ihren 1877 geborenen Sohn mitgenommen, der als Abt Alkuin, in St. John (Minnesota) die liturgische Erneuerungsbewegung gegründet hatte. Vor 20 Jahren hatte ein Burgenländer in St. Paul aus den dortigen Telefonbüchern die Teilnehmer herausgesucht, die "Tschida" hießen. Er ist auf 219 Personen gekommen. Nahezu alle von ihnen stammten aus dem Seewinkel. Die tatsächliche Zahl liegt aber höher, weil Tschida ähnlich klingt wie das englische "cheater", welches auf deutsch "Betrüger" heißt. Daher haben zahlreiche Tschida verständlicherweise einen anderen Namen angenommen. Dazu kommen noch jene Frauen, die mit dem Mädchennamen Tschida hießen und diesen dann durch Verheiratung verloren haben. Dies lässt ahnen, wie massiv die Einwanderung von Seewinklern nach St. Paul gewesen sein muss.
Minneapolis
Ist eine Stadt in Minnesota in den USA am Mississippi. Die Stadt ist heute mit St. Paul zu einer Doppelstadt zusammengewachsen. Nach Minneapolis/St. Paul sind vor allem die Auswanderer aus dem Seewinkel gekommen. Auch der bekannte Heimatdichter Johann Riessner aus Pamhagen ließ sich 1882 dort nieder. Er zog später nach San Francisco weiter.
Für viele Auswanderer wurde Ellis Island zur ,,Insel der Tränen", denn im Hafen von New York angekommen zu sein, bedeutete noch lange nicht, das gelobte Ziel erreicht zu haben. Die amerikanischen Einwanderungsbehörden hatten auf einer kleinen Insel vor New York einen festungsartigen Bau errichtet. Hier mussten die Einwanderer die verschiedensten Fragen beantworten und sich einer strengen medizinischen Untersuchung stellen. Nicht wenige wurden abgewiesen und hatten die bittere Rückreise anzutreten!
Quelle: Burgenländische Gemeinschaft: http://www.burgenlaender.com/BG/Zeitung
Quelle: "Die Amerikawanderung der Burgenländer"
Dr. Walter Dujmovits, 1992, 2. verbesserte Auflage, Verlag Desch-Drexler